Der Start in das neue Jahr 2024 ist schleppend. Die Lagerbestände in der textilen Pipeline bis in den Einzelhandel hinein sind noch in größeren Mengen vorhanden. Wir rechnen im Verlauf des ersten Halbjahres mit einer spürbaren Belebung der Nachfrage, da die Lagerbestände früher oder später abgebaut sein werden. Wir sind überzeugt, dass regionale Hersteller mit kurzen Wegen und schnellen Lieferzeiten zuerst von einer Belebung profitieren können werden.

Der Trend nach nachhaltigen und intelligenten Textilien bleibt ungebrochen. Wir erwarten daher, dass sich das Mengenwachstum bei intelligenten Nischenprodukten verstetigen wird. Neue Impulse erwarten wir mit neuen Recycling-Konzepten, zumal die Kreislaufwirtschaft das Mega-Thema der kommenden Jahre werden dürfte.

Wir sehen in der Kreislaufwirtschaft/Recycling ein großes Marktpotenzial. Eines der größten „Baumwollfelder“ befindet sich schließlich direkt in Deutschland: nämlich unser enormer Berg von Alttextilien. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2021 rund 176 200 t Textil- und Bekleidungsabfälle bei den privaten Haushalten eingesammelt. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit dem ITA-Recycling-Atelier in Augsburg neue Wege aufzuzeigen, dass aus diesen Alttextilien am Standort Deutschland wiederum Garne in hochwertiger Qualität entwickelt werden können.

Ein weiteres Megathema sehen wir im Austausch von Einwegprodukten durch Mehrwegprodukte. Gebr. Otto präsentiert auf der Techtextil gemeinsam mit Kelheim Fibers ein Konzept für einen innovativen Perioden-Panty mit hoher Performance. Wir sind sicher, dass sich Mehrwegprodukte – speziell im Hygienebereich genauso wie in weiteren Bereichen – sukzessive durchsetzen können und werden.

Das dritte große Thema, das wir sehen, sind zertifizierte ökologische Produkte, also aus Bio- und Fair-Trade-Baumwolle sowie aus Hanf- und Kapok-Baumwollmischungen. Diese werden weiterhin einen stabilen und leicht wachsenden Marktanteil einnehmen. In unserem Geschäftsbereich ‚sustainable concepts‘ bieten wir bei Gebr. Otto ein breites Portfolio an nachhaltigen Produktkonzepten. Unsere aktuellen Entwicklungen – Hanf aus Deutschland kombiniert mit Bio-Baumwolle – werden voraussichtlich Mitte des Jahres zur Verfügung stehen.

Die Lage innerhalb der Branche ist angespannt. Hohe Energiepreise, enorm volatile Rohstoffnotierungen sowie hohe Lagerbestände aufgrund von Fehlplanungen in der Pandemiezeit belasten viele Unternehmen. Wie bereits erwähnt werden bei einer Markterholung jene zum Zug kommen, die am schnellsten liefern können. Mittelpreisige oder günstige Textilien werden weiterhin unter großem Druck stehen, aufgrund der Nachfrageschwäche der von der Inflation gebeutelten Konsumenten. Der Premiumbereich sollte sich weiterhin stabil entwickeln. Eine große Chance sehen wir im ‚nearshoring‘. Viele Unternehmen haben in der Pandemie gemerkt, dass eine Ausrichtung auf Asien allein zu hohe Risiken birgt. Eine Zusammenarbeit mit einem Produzenten mit Garnen ‚made in Germany‘ ist mehr als eine gute Versicherung und kann die Resilienz in der Beschaffung deutlich erhöhen.

Wünschenswert wären politische Rahmenbedingungen, um CO2-arme Produkte zu fördern. Unternehmen am Standort Deutschland investieren in nachhaltige Energiekonzepte – wir planen gerade unsere zweite PV-Anlage – und bedienen gesetzliche Vorgaben wie jene aus dem Lieferkettengesetz. Einerseits ist das ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal für uns als Unternehmen und als Standort. Preislich hängen uns andere Anbieter aber am Ende einfach ab.