05.09.23 – Nachhaltigkeit

„ReFib“ – Textilveredelung mit Recyclingseide

Gestalterisch ansprechendes Recycling im Anthropozän zu entwickeln – das ist der interdisziplinäre Ausgangspunkt, mit dem sich das Projekt „ReFib“ – Recyclingfibroin als Textilveredelung der Resteverwertung aus der Seidenproduktion widmet.

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Über hundert Proben sind entstanden und dokumentiert worden. © Kim Cordes

 
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Von der Seide zum Garn: Mithilfe der Seidenreste wurde das Wollgarn visuell und haptisch veredelt. © Kim Cordes

 

Global fallen pro Jahr 11 Mio. Tonnen Seidenabfälle aus Produktion und gebrauchten Textilien an. Im Rahmen des hier beschriebenen Bachelorprojekts ist im BioLab der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle in Kooperation mit der Fibrothelium GmbH untersucht worden, wie sich die Gewebereste verwerten und für das Textildesign einsetzen lassen.

An der Schwelle von Materialforschung und Gestaltung

Nach der Farbsortierung von Geweberesten können Fibroine durch schadstoffarme Verfahren in Lösungen mit zehnprozentigem Fibroinanteil gewinnen. Aus diesem Grundstoff lassen sich organische Formen wie Schwämme, Filme und Granulate erzeugen.

Für den Veredelungsprozess reicht ein geringer Teil der Lösung aus: Mit 1 kg gelöster Seiden lassen sich so bis zu 100 kg Wolle beschichten.

Aus gestalterischer Perspektive liegt der Fokus darauf, welche Eigenschaften der Seide im Recyclingprozess erhalten bleiben: Lassen sich der optische Glanz und die Haptik der originären Seide wiederherstellen oder auf andere Materialien übertragen? Gerade heimische Wolle, deren Qualität vornehmlich kratzig ist, diente hier als Gegenpart zur Seide. In verschiedenen Verfahren, u. a. im Textildruckverfahren, wurde die gelöste Seide auf Wollgarn, Wollgewebe und -vlies appliziert.

Veredelung als Anwendungsfeld

In Anlehnung an die Säurefärbung von Proteinfasern wie Wolle und Seide wurden Versuchsreihen zur Anbindung der gelösten Seide an Wollfasern erstellt. Hierbei besteht der Vorteil, dass für die waschfeste Anbindung von Seidenproteinen an Wolle keine zusätzlichen Crosslinker benötigt werden. Die Versuchsreihen zeigen, dass neben dem Fibroin auch der Farbstoff der Seide an die Wollfaser gebunden wurde. Gleichzeitig konnte validiert werden, dass das Material nach einer Wollveredelung mit ReFib als weicher und hautfreundlicher empfunden wird. Pastöses Fibroin wurde mit den Verfahren des Textildrucks auf textile Oberflächen aufgetragen. In verschiedenen Auftragungs- und Härteverfahren konnte das Fibroin in Mustern an Wollgewebe angebunden werden. Auch als Monomaterialveredlung auf Seide bietet diese Methode Potential. Mit Methoden der gestaltenden Forschung sind über hundert Proben entstanden und dokumentiert worden. Unter dem Forschungstitel „silcularity“ (www.silcularity.com) sind so neue Strategien für eine zirkuläre Nutzung von Seiden entstanden. Das Projekt „ReFib“ ist für verschiedene Designpreise nominiert worden und soll in einem Forschungsprojekt in Kooperation mit dem STFI in Chemnitz weitergeführt werden.

Die zugrunde liegende Bachelorarbeit wurde am 01.02.2023 im Textildesign der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, bei Prof. Göttke-Krogmann präsentiert.

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