30/04/2020 – Kommentar von Hans-Werner Oertel
Oertel prophezeit (1): Vielfalt zwischen Kinn und Jochbein
Ein Kommentar von Hans-Werner Oertel zur Produktionsumstellung der Branche auf die Herstellung von Mund-Nasen-Schutz Masken und dessen Folgen.
Strümpfe, Unterwäsche, T-Shirts & Co. Wir schreiben das Jahr 2022 – ein Jahr nach Covid-19, aber in Befürchtung weiterer Pandemien. Schauen Sie doch mal in Ihren Kleiderschrank von morgen. Was Sie dort sehen, unterscheidet sich in Bezug auf eine Artikelgruppe vom heutigen Inhalt mit Hosen, Blusen, Hemden, Schals, usw.
Schauen Sie genau hin!
Was hängt dort am alten Krawattenbügel, liegt gebügelt und übereinander gestapelt neben Socken oder Taschentüchern? Ja genau: Alltagsmasken – im Exakt-Deutsch auch Behelfs-MNS genannt, leicht eingedeutscht Community-Masken.
Bunt bedruckt, mit oder ohne Vlieseinschub
.Für den Herren wie für die Dame aus der Geschäftswelt im Style des Anzugs/Kostüms, ist die Maske für unterwegs inzwischen im Alltag angekommen. Nicht jeder, aber die besonders Gesundheitsbewussten tragen sie – als Statement, modisches Accessoire und nach dem Motto: Was die Asiaten können, das können wir auch – nur viel besser. Deshalb ist in der deutschen Öffentlichkeit die in China, Thailand und Vietnam favorisierte Maskenfarbe Weiß kaum zu sehen. Stattdessen hat sich ein augenfälliger Gesichtsschutz mit Lebensfreude- und Modedesigns und frechen Sprüchen etabliert.
Einmalmasken im Alltag ein Auslaufmodell?
Zurück in das Pandemiejahr 2020, in dem 40 Prozent aller Textilfirmen zumeist aus betriebswirtschaftlicher Not heraus auf Masken (welcher Qualitäten auch immer) umgesattelt haben. Die Folge: In nur vier bis sechs Wochen nach Produktionsstart wurden landauf, landab die Schilder in den Schaufenstern gewechselt – von „Keine Masken“ auf „Masken in großer Auswahl vorhanden“.
Droht eine Überproduktion?
Schon jetzt liefern sich schnell angelegte Onlineshops eine Preisschlacht. Zumindest auf meinem Account bezieht sich jede 3. Spam-Mail auf irgendein Masken-Verkaufsangebot..
Das Neue in diesen Zeiten: Derzeit begründet sich ein Markt für Alltagsmasken, die gewechselt, gekocht, gebügelt oder desinfiziert und vor allem wiederverwendbar sind. Sie werden den Wegwerf-Gesichtsmasken schon aus ökologischer Sicht den Kampf ansagen.
Wenn nur 20 Mio. Menschen in Deutschland (ein Viertel der Bevölkerung) künftig maskenaffin sein werden und der Gesichtsschutz auch zu einer (temporären) Modesache machen wird, dann dürften jährlich 100 Mio. Mehrweg-Masken über die Laden- und Online-Tische gehen. Setzen wir also alles daran, diese Produktion mit hochwertigen Angeboten, aufregenden Styles und zu fairen Preisen im Inland zu halten!
Und mal ehrlich: Wie viele dieser Alltagsmasken haben Sie bereits jetzt schon zuhause? Ich besitze elf.
Hans-Werner Oertel
Unser Autor ist langjähriger Technologiejournalist mit den Schwerpunkten Innovation, Zukunftsfragen und Textil.