19/10/2020 – Exklusivumfrage von textile network (TNW) – Startups – Teil 9
Kora Mikino – Sustainable Femware UG (Berlin): Verdoppelter Umsatz
Gesamttendenz: chancenbewusst. Das Berliner Startup für Periodenunterwäsche schätzt und nutzt das enorme Medienecho als positive Marketingwirkung.
Die Wirtschaft ist schwer angeschlagen. Noch kaschieren Kurzarbeit und staatliche Unterstützung die wahren Auswirkungen. Was bedeutet das für Startups? Immerhin 30 Prozent der Startup-Gründer plagen laut einer Befragung von Bitkom in jüngster Zeit Existenzängste. In Summe setzt jedoch die Mehrheit (63 Prozent) darauf, gestärkt aus der Krise herauszukommen.
textile network (TNW) wollte wissen, ob dieses Meinungsbild auf textile Startups übertragbar ist, von denen bekanntermaßen nicht wenige auf Industrie-4.0-Fortschritte und digitalen Handel ausgerichtet sind. In unserer neuen Serie kommen rund ein Dutzend Gründer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu Wort.
Teil 9: Kora Mikino – Sustainable Femware UG (Berlin)
Covid-19 hat vieles verändert, auch das Kaufverhalten von menstruierenden Menschen? textile network (TNW) sprach mit Geschäftsführerin Julia Rittereiser (36).
textile network: Hat Ihnen Corona Fahrt aus den Segeln genommen?
Julia Rittereiser: Eigentlich nur kurzfristig. Wir haben uns durch das alles nicht ängstigen lassen und unsere Marketingstrategie mit der Folge angepasst, dass aktuell wesentlich mehr Umsatz als jemals zuvor erreicht wurde. Wenn Sie jetzt fragen, woher das enorme Wachstum kommt, dann gibt es darauf eine kurze und eine etwas detailliertere Antwort: Social Media im Allgemeinen und Instagram, Youtube bzw. Facebook & Co. im Besonderen. Beispielsweise arbeiten wir jetzt zielstrebig auch mit Influencern zusammen, die ihrerseits auf ihren Blogs, Podcasts oder Videokanälen unsere Produkte empfehlen. In Summe hat sich dadurch unser Umsatz zwischen Mai und Juni verdoppelt. Dafür sind wir sehr dankbar.
Basis-Innovation: Funktionale und komfortable Periodenunterwäsche, ethisch und fair in Europa produziert, die Tampons und Binden überflüssig macht und mit diesem Nachhaltigkeitsanspruch die Umwelt entlastet. Das Geschäftsmodell von Kora Mikino greift eine jahrzehntelange Produktpraxis wieder auf, die von Wegwerfprodukten mit entsprechenden Ökologiefolgen nahezu vollständig vom Markt verdrängt wurde.
Gründungsjahr: 2018
Mitarbeiter: 10 (9 vor Corona); jüngst wurde der erste männliche Mitarbeiter eingestellt
textile network: Krise als Chance – Hat die Pandemie neue Türen geöffnet?
Julia Rittereiser: Wer wesentlich mehr Umsatz macht, muss über seine Produktpalette, die Produktionsvolumina und die Logistikkette dahinter umso intensiver nachdenken. Gerade steht das Sourcing von Materialien, die wir zum Beispiel für Panties hauptsächlich aus Italien beziehen, auf der Agenda. Einige Zeit war es ja wegen Corona „out of business“. Demzufolge stand für unsere beliebten Panties nur eine begrenzte Materialmenge von zur Verfügung. Das brachte uns auf die Idee, erstmals mit kleineren, limitierten Editionen zu arbeiten. Auch weil wir darüber transparent informiert haben, kam das sehr gut bei unserer Community an. Im Übrigen bestimmt unsere Kundschaft u. a. durch Votings auch mit, was wir machen; sie ist Teil unseres Produktmanagements.
textile network: Welches Vorhaben steht unbedingt für dieses Jahr noch auf Ihrem Aktionsplan?
Julia Rittereiser: Durch Corona nur zeitlich verzögert, werden wir uns 2020 auf alle Fälle noch dem – wenn Sie so wollen – benachbarten Thema Blasenschwäche annehmen. Die davon Betroffenen haben es schwer, auf dem Markt nachhaltige und zeitgemäße Angebote, wie wir sie für menstruierende Menschen anbieten, zu finden. Was in dieser Kategorie derzeit noch über den Ladentisch geht, hat oft noch die Anmutung von Sanitätshaus und scheint aus der Zeit gefallen. Wir haben inzwischen Produkte in der Pipeline, die für Freizeit und Sport sowohl für Menschen ab 30 bis hinauf ins höhere Alter geeignet sind. Ihr Kennzeichen: Keiner sieht ihnen die besondere Funktionalität an; damit wird für die Träger das Leben etwas einfacher.