23.06.15 — read English version
10. Jubiläum: Afrika
Das jährlich stattfindende Forum für die globale Modeindustrie, beschäftigte sich mit den aktuellen Herausforderungen der Bekleidungsbranche. Die Veranstaltung wurde 2006 von der APLF Ltd in einem Joint Venture mit der UBM Asia Ltd gegründet. Nach acht sehr erfolgreichen Konferenzen übernahm die Yeh Shen Ltd unter Lizenz von der APLF die Verantwortung für die Ausrichtung der Konferenz.
In seiner Keynote-Rede beleuchtete Hon. Adan Mohamed, Kabinettssekretär beim Ministerium für Industrialisierung und Unternehmensentwicklung in Kenia die Beschaffungsmöglichkeiten in Afrika. Gleich zu Beginn seiner Ansprache, machte er deutlich: “Afrika ist im Kommen”. Dabei zählte er die Vorteile auf, die Kenia als Produktions- und Beschaffungsstandort zu bieten hat: das Land verfüge über einen eigenen Bauwollanbau, viele sehr günstige Gewerbegebiete, geringe Energie- und Nebenkosten, niedrige Löhne, viele Mitarbeiter, und eine zentrale Lage in Ostafrika.
Afrika werde voraussichtlich bis 2020 die weltweit zweithöchste Wachstumsrate verzeichnen sowie bis 2035 die meisten Arbeitskräfte der Welt bieten. Außerdem würden sich der COMESA (Common Market of East and Southern Africa) mit 19 Mitgliedsstaaten, die EAC (East Africa Community) mit fünf Mitgliedsstaaten und die SADC (South African Development Community) bis 2025 zu einer Freihandelszone und einem gemeinsamen Markt zusammentun. “Asien ist heute, Afrika ist morgen”, fasste der Kabinettssekretär zusammen.
Die sechs Sektionen der Konferenz deckten die derzeit wichtigsten Fragen in der Textilindustrie ab:
Die sogenannten Millennials (Verbraucher, die zwischen 1980 und 2000 geboren wurden) pflegen neue Einkaufsgewohnheiten, was die Referenten dazu veranlasste, sich zu überlegen, wie sich das künftig auf die Beschaffung auswirken würde. Die Millennials bevorzugen im Internet erhältliche „Fast Fashion“ und wollen gemischte Marken tragen. Die Referenten wiesen darauf hin, dass sich die Millennials vorzugsweise für kleine experimentelle Marken entschieden, die sich im Internet schnell verbreiten. Diese jungen Verbraucher wollen ein Multi-Channel-Einkaufserlebnis, sorgen sich aber auch um die Umwelt und die Nachhaltigkeit.
China bleibt nach wie vor der Hauptbeschaffungsstandort, auch wenn einige Unternehmen ihre Produktion nach Südostasien oder gar Afrika verlegt haben. Die Nähe zum Markt wird immer wichtiger. Das ebnet auch den Weg für Prozesskettenmanagement sowie integrierte Prozesskettentechnologie.
In der Vergangenheit wurde der Markt vom Hersteller gesteuert, heute sind die Händler und zunehmend auch die Verbraucher eher die treibende Kraft. Auch wenn die Produktionskosten steigen, rechnet der Käufer nach wie vor mit sinkenden Preisen. Wie kann man diese entgegengesetzten Ansichten in Einklang bringen? Unternehmenskooperationen scheinen hier das Stichwort zu sein. Man müsse also den Fachhandel und den Hersteller zusammenbringen.
Ein Referent mahnte, dass die Produktion lediglich 5% der Gesamtkosten ausmachen würde, während der Vertrieb und die Vermarktung mindestens 65% der Kosten stellten. So solle man versuchen, anstatt der Produktionskosten eher die Vertriebskosten zu senken. Wichtig sei es auch, Abfall und Verschwendung in den Griff zu bekommen, und Technologien klug einzusetzen.
Wenn Sie schnell sein wollen, bleiben Sie lieber alleine; wenn Sie es weit bringen wollen, dann tun Sie sich mit anderen zusammen, so das Fazit von Tom Nelson, VP Supply Chain bei VF Corp. Nachhaltigkeit und der sichere Umgang mit Chemikalien nehmen an Bedeutung zu. Bekannte Marken aus den USA und der EU arbeiten nun im Rahmen der Vision 2020 von GAFTI (Global Apparel, Footwear and Textiles Initiative) zusammen, um solche Probleme und Fragestellungen gemeinsam zu lösen und neue Maßstäbe zu setzen.
Einige Referenten sind der Überzeugung, dass Afrika bald zur Beschaffungsdrehscheibe der Welt wird, vor allem wenn China und Indien in die dortige Produktion investieren. Die Textil- und Bekleidungsindustrie steht bei den Regierungen Afrikas ziemlich hoch auf der Tagesordnung. Es entwickelt sich in Afrika eine neue Dynamik und die Lust auf Veränderung, glauben die Referenten. Man wolle vertikal integrierte Unternehmen nach Afrika locken, die alles von der Faser über Stoffe bis hin zur Konfektionsware fertigen. Es wurde darauf hingewiesen, dass Afrika zwar ein Riesenmarkt darstellt, aber aus vielen verschiedenen Ländern in den unterschiedlichsten Entwicklungsstadien besteht. Es hätte keinen Sinn, Afrika als einziges Land zu betrachten. Einige Regierungen sehen in der Textil- und Bekleidungsindustrie eine Möglichkeit, Afrika aus der Armut zu heben. Im Augenblick fehlen Ostafrika die nötige Infrastruktur und die Fabriken aber man sei überzeugt, dies könne man schnell beheben, und Afrika bald auf das gleiche Niveau wie Asien bringen.
Während viele multinationale Marken und Handelsunternehmen auf Programme wie “Keine toxischen Abwasser bis 2010” setzen, hat die chinesische Regierung 2015 neue Umweltmaßnahmen vorgestellt, an die sich alle Textilunternehmen werden halten müssen. Wie wird sich das auf die Beschaffung von Bekleidung auswirken? China nimmt das Thema Umweltschutz sehr ernst und verabschiedete im Januar 2015 ein neues Umweltgesetz. Für die Färbereien und Veredlungsindustrie bedeutet das eine große Herausforderung.
„Wir müssen Firmen dazu animieren, genauer und somit kostengünstiger zu arbeiten“, meint Hans Buehr, Direktor des Hong Kong Intimate Apparel Industries Association (Verband der Wäscheindustrie). Die Kosten werden zweifelsohne steigen aber es gibt dennoch viel Spielraum für einen verbesserten Umweltschutz. Die Frage sei jedoch, ob der Verbraucher freiwillig mehr dafür bezahlen wolle? Viele glauben, sie seien nicht bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen. Kosten könnten aber auch in anderen Bereichen reduziert werden.
Sangem Hsu, Präsident vom Centre Testing International Corp, konstatierte, dass die Kosten der Nichteinhaltung die Kosten der Einhaltung weit übersteigen würden. Am 1. April 2015 trat das Gesetz zum Feststoffabfall in Kraft. Die Nichteinhaltung dieses Gesetzes wird strafrechtlich verfolgt und kann mit Freiheitsentzug bestraft werden. Sangem Hsu ist überzeugt, dass Nachhaltigkeit durch Abfallreduzierung, Energie- und Betriebseffizienz, Datenüberwachung, ethische Geschäftsmodelle und ständige Verbesserungen erreicht werden kann. Der Vorschlag wurde laut, landesspezifische Normen durch Industrie-übergreifende Standards zu ersetzen.
Um in Bangladesch die Beziehung zwischen den Arbeitern und Arbeitgebern sowie die Sicherheitsbedingungen zu verbessern, werden westliche Erfahrungen mit verantwortungsvollem Beschaffungs-Knowhow kombiniert. Die Rani-Plaza-Katastrophe hat die Branche in Sachen Sicherheit wachgerüttelt. Dieses Thema wurde während der Konferenz heiß diskutiert. Dabei berichtete der Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Associationüber die Bemühungen seitens der Regierung und der Industrie, Verbesserungen durchzusetzen. Ein Referent ist überzeugt, die Regierung und der BGMEA sollen hierfür die Verantwortung übernehmen, da die Marken nur Unterstützung leisten könnten.
[Vicky Sung, Hongkong]