13.09.18 – China vs Afrika — read English version

Billig war gestern!

Laut einer Prognose der Forschungsgruppe Euromonitor wird China 2019 zum größten Markt der Welt für Textilien und Bekleidungsprodukte.

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Laut einer Prognose der Forschungsgruppe Euromonitor wird China 2019 zum größten Markt der Welt für Textilien und Bekleidungsprodukte © moofushi/stock.adobe.com

 
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Zhang Tao, der Generalsekretär des Rates der chinesischen Textilindustrie im Gespräch mit textile network © Manik Mehta

 

Das Land wird dann auch die USA überholen. Vor diesem Hintergrund sprach unser New Yorker Autor Manik Mehta mit dem Generalsekretär des Rates der chinesischen Textilindustrie Zhang Tao über die Transformation China´s.

Wenn man zurückdenkt, wie China in den achtziger Jahren als Lieferant auf den Weltmärkten auftrat, so hatte das Land damals nur noch billige Textilien und Bekleidungsprodukte anzubieten. Durch die niedrigen Arbeits- und Produktionskosten wurde China zum größten Lieferanten der Welt. Angesichts der stets steigenden Löhne und Produktionskosten wandert sich die Industrie inzwischen nach Billiglohnländern aus; andererseits aber entwickelt sich China selbst zu einem großen Markt für hochwertige Textilien und Bekleidungsprodukte. Laut einer Prognose der Forschungsgruppe Euromonitor wird China 2019 zum größten Markt der Welt für Textilien und Bekleidungsprodukte und damit auch die USA überholen.

Chinesen geben im Vergleich weniger Geld für Kleidung aus

Der eingeschätzte Marktwert für Bekleidungsprodukte in China wird sich auf US-Dollar 333.312 Mio. im Jahr 2019 belaufen. Dies entspricht einem Anstieg von 25 Prozent verglichen mit US-Dollar 267.360 Mio. im Jahr 2014. Im Vergleich werden Bekleidungsumsätze in den USA sich auf US-Dollar 267.360 Mio. im Jahr 2019 belaufen, was einem Anstieg von nur 3 Prozent gegenüber 2014 entspräche.

 Man muß jedoch feststellen, daß die Konkurrenz im chinesischen Markt viel schärfer als im amerikanischen Markt ist. Zum Beispiel gab es in China keine Bekleidungsmarke, deren Marktanteil im Jahr 2014 bei mehr als einem Prozent lag. Im Vergleich dazu waren die Marktanteile einer Reihe führender Bekleidungsmarken in den Vereinigten Staaten höher als 2 Prozent. Allerdings genießen in China die einheimischen Marken einen besseren Ruf als die internationalen Marken.

 Es ist auch erwähnenswert, daß die Prokopf-Ausgabe für Kleidung in China viel niedriger als in vielen entwickelten Ländern ist. Im Jahr 2014 hat der chinesische Verbraucher durchschnittlich ca. 240 US-Dollar für Kleidung ausgegeben, die Verbraucher in den USA hingegen 815 US-Dollar. Dennoch haben die Ausgaben für Kleidung in China mit ca. 10 Prozent einen wesentlich höheren Anteil des Einkommens als in den USA mit nur knapp 3%.

 Zhang Tao, der Generalsekretär des Rates der chinesischen Textilindustrie, sagte in einem Anfang des Jahres in New York geführten Textil-Network-Gespräch, daß das Textilgeschäft im allgemeinen wieder ins Rollen gekommen sei. “Die einheimische Nachfrage steigt wieder. Alle reden über das e-Commerce-Geschäft, das neue Chancen für die Industrie schafft. Aber die Arbeits- und Rohstoffkosten sowie die Strompreise steigen dauernd an. Viele chinesische Hersteller investieren weiterhin in Südostasien und Afrika. Vor 10 oder 15 Jahren lag unsere Stärke in der Billigproduktion. Die Bevölkerung Chinas altert und die Wirtschaft des Landes heute ist zweimal so groß wie vor 10 Jahren. Die Textilindustrie Chinas investiert heute mehr als je zuvor in Forschung und Entwicklung, damit sie durch Innovation sich global behaupten kann.

 China konzentriert sich inzwischen auf Qualität und wertsteigende Attributen. “Die chinesische Regierung will die Hersteller dazu bewegen, sich auf die Qualitätsbeßerung und wertsteigende Features zu konzentrieren,” sagte Tao.

 Dennoch sind Chinas Gesamttextilexporte zurückgegangen. Nach Taos Angaben sind Chinas Textilexporte 2016 auf US-Dollar 280 Mrd. von US-Dollar 292 Mrd. (-5%) im Jahr davor gefallen. Aber eine Erholung im Exportbereich sei seit Anfang 2017 auch sichtbar, so Tao.

America First?

Und was hält er von der durch den amerikanischen Präsidenten befürworteten Parole “America First”? Hier antwortet Zhang Tao: “Meine Antwort ist einfach: sind die amerikanischen Verbraucher bereit mehr für die Produkte zu zahlen?”

 Die USA gilt weiterhin als der größte Markt für chinesische Textilien und Bekleidungsprodukte. “Unser Anteil an dem amerikanischen Markt wertmäßig ist von 38 Prozent auf 37,4 Prozent zurückgegangen. Aber die Nachfrage im europäischen Markt verstärkt sich; europäische Verbraucher geben im allgemeinen mehr Geld als amerikanische Verbraucher für Qualitätskleider aus,” so Tao.

 Das chinesische Projekt “Belt-Road-Initiative”-(BRI) - auch die “neue Seidenstraße” genannt - ziele auf die Stärkung der Wirtschaften der BRI-Mitgliedsländer ab. Das Projekt werde Einfluß auf den globalen Textilhandel haben. “Wir hoffen, den Lebensstandard der Mitgliedsländer dadurch zu bessern und die Nachfrage für Kleidung, Textilien und andere Lebensbedürfnisse zu stärken”.

 Die durch China unterstützte regionale Zusammenarbeit und Wirtschaftschaftspartnerschaft – Regional Cooperation and Economic Partnership (RCEP) – wird weiterhin seitens China gefördert. China wird auch das e-Commerce-Geschäft stark unterstützen, denn dieses moderne Online-Verkaufskonzept verbreitet sich weltweit. “Wir müßen auch unsere Einstellung zu neuen Konzepten ändern … dies ist umso wichtiger mit dem Fortschreiten des Digitaldruckens sowie des Einsatzes von Roboten, usw. Das e-Commerce-Geschäft ist zum wichtigen Teil des alltäglichen Lebens in China geworden,” weiß Tao.

Chancen in Afrika

Die Chancen in Afrika bewerten chinesische Hersteller als sehr positiv. Der afrikanische Kontinent gilt nicht nur als ein attraktiver Produktionsstandort, sondern auch als ein lukrativer Zukunftsmarkt. “Nach zehn oder fünfzehn Jahren werden die Afrikaner mehr kaufen als heute. Afrika gilt heute als billiger Produktionsstandort für Textilien und Bekleidung. Vor 30 Jahren war auch China nur ein (billiger) Produktionsstandort und gilt heute als ein attraktiver Markt. Wir erwarten dies auch von Afrika in den kommenden Jahren,” sagte der Generalsekretär des chinesischen Textilrates.

 Im Modebereich steht China inzwischen vor der Herausforderung, neue Arbeitskräfte für die Bekleidungsindustrie zu finden. Die Arbeit als Näherin ist für die jüngere Generation weniger attraktiv als früher. China ist immer noch das größte Bekleidungs-Exportland der Welt und hat bereits einen Anteil von 38 Prozent des globalen Bekleidungsmarktes erobert. Die Verlagerung der Bekleidungsindustrie von China in die Billiglohnländer wie Bangladesch, Laos, Vietnam und nun auch nach Afrika bietet sich als eine Lösung an. “Wir werden in der Zukunft ein noch stärkeres Engagement der chinesischen Unternehmen in den Billiglohnländern sehen. Ich schätze, die chinesischen Produzenten werden ihre Produktionsaktivitäten weiterhin in neue Standorte verlagern,“ prognostierte Tao.

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