13.11.20 – Textiler Einzelhandel
Massive Umsatzeinbrüche im Lockdown light
Laut BTE-Präsident Steffen Jost lagen die Umsätze im Fashionhandel in der ersten November-Woche branchenweit rund 40 Prozent unter Vorjahr.
Insgesamt werden die Verluste in Milliardenhöhe geschätzt.
Bereits Mitte Oktober waren mit dem Anstieg der Infizierten-Zahlen und den damit verbundenen Warnungen der Politik die Kundenfrequenzen und Umsätze in den Mode- und Schuhgeschäften massiv eingebrochen. Der Shutdown der Gastronomie und der Freizeitbranche hat die Kundenfrequenzen noch einmal nach unten gedrückt.
BTE-Präsident Steffen Jost:
„Nach ersten BTE-Berechnungen liegen die Umsätze in der ersten November-Woche branchenweit rund 40 Prozent unter Vorjahr, in etlichen Fällen kamen Modehändler nicht mal auf die Hälfte ihrer üblichen Umsätze. Aktuell machen die meisten Geschäfte jeden Tag Verlust, weil die Umsätze nicht mal die anfallenden Kosten decken.“ Und Aurélien Duthoit, Senior Branchenanalyst bei Euler Hermes, sagt: „Für 2020 erwarten wir Umsatzverluste von rund 12 Mrd. Euro im Bekleidungseinzelhandel.“
Insolvenzen und Geschäftsschließungen
Bis auf wenige glückliche Ausnahmen dürften 2020 so gut wie alle Textil- und Schuhgeschäfte tief in den roten Zahlen landen. „Insgesamt sind acht große textile Einzelhändler in den ersten neun Monaten des Jahres in die Insolvenz geschlittert. Das sind fünf mehr als im Vorjahreszeitraum, das ist eine Zunahme um rund 166 Prozent", sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Laut BTE werden Geschäfte nur überleben, wenn sie auf Reserven und Gespartes zurückgreifen können. Bei vielen Unternehmern ist das gleichbedeutend mit dem Verzehr oder sogar vollständigen Verlust der Altersversorgung. „Im Gegensatz zu Großunternehmen können sich die meisten Mittelständler auch nicht über eine Insolvenz entschulden, da sie in der Regel persönlich haften“, weiß Jost. Es ist daher zu erwarten, dass im nächsten Jahr viele Mode- und Schuhgeschäfte für immer schließen werden, weil sie die neue Ware und die Miete nicht mehr bezahlen können.
Online-Handel kein Allheilmittel
Um das Ladensterben in den Innenstädten zu verhindern, fordert Jost „massive direkte Hilfen“. Digitalisierung und Online-Verkauf sei dabei keinesfalls ein Allheilmittel. Denn ein Verkauf über Online-Plattformen wie Amazon oder Zalando kostet den Händler rund 20 Prozent vom Umsatz. „Da die durchschnittliche Umsatzrendite im mittelständischen Modehandel bei rund 3 Prozent vom Umsatz liegt, ist dies für stationäre Multilabel-Händler keine wirkliche Option“, rechnet Jost vor. „Wir können bei insgesamt sinkenden Umsätzen nicht gleichzeitig die Kosten für den Betrieb eines stationären Geschäftes und die eines Online-Händlers stemmen.“
Herausforderungen 2021
Für Jost würde das nur funktionieren, wenn die Geschäfte sowohl bei den Mieten als auch bei den Plattform-Gebühren massiv entlastet werden. Für ihn ist ein deutliches Entgegenkommen von Vermietern und Plattform-Betreibern nötig. Jost: „Die aktuelle Ankündigung von Zalando, zumindest bis zum ersten Quartal im Händler-Programm auf die Partner-Provision zu verzichten, ist da ein richtiger Schritt.“ Denn klar ist, dass Verbraucher ihre Konsumgewohnten 2020 drastisch verändert haben und stationäre Händler 2021 vor großen Herausforderungen stehen, wie Duthoit erläutert: „Auch vorher nicht online-affine Verbraucher kaufen plötzlich verstärkt im Netz. Wenn sie dort zufrieden sind – und die Online-Händler tun alles dafür, dass das der Fall ist – könnten sie eventuell für den stationären Handel nachhaltig verloren sein. Dafür müssen die Einzelhändler in Zukunft passende Konzepte entwickeln, um sie wieder zurückzulocken.“
Tanja Kraemer
Redakteurin Meisenbach Verlag