14.09.15 — read English version

Thailand: Aufbruch nach oben

Die thailändische Textil- und Bekleidungsindustrie befindet sich im Umbruch. Firmen sollen in Qualität und modischer Aussage mit zur Weltspitze gehören.

Biff and Bil, Bangkok - die thailändische Textil- und Bekleidungsindustrie positioniert sich neu
(Photo: Biff&Bil)

Biff and Bil, Bangkok - die thailändische Textil- und Bekleidungsindustrie positioniert sich neu (Photo: Biff&Bil)

 
Impressionen Biff & Bil 2015, Bangkok
Photos: textile network

Impressionen Biff & Bil 2015, Bangkok Photos: textile network

 
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Es ist noch nicht sehr lange her, als die Jahrhundertflut Ende 2011 viele Fabriken in Thailand zerstörte und Schäden in Milliardenhöhe verursacht hat. Kurze Zeit später, Anfang 2013 führte das Land den gesetzlichen Tagesmindestlohn von 300 Baht (ca. 7,50 Euro) ein. Dadurch erhöhte sich das Lohnniveau unmittelbar um rund 40%. Zu teuer für die Massenproduktion, diese wanderte ab in günstigere Nachbarländer wie Kambodscha, Laos, Myanmar oder Vietnam.

Wichtigste Absatzmärkte für Bekleidung

Wichtigste Absatzmärkte für Bekleidung, wenn derzeit auch eher rückläufig, sind die USA und die EU, während Textilien mehr nach Japan und Südostasien gehen. Ganz anders ergeht es den deutschen Maschinenherstellern, die in 2014 um 11% auf über 1,5 Mrd. US Dollar zulegen konnten und somit einen Marktanteil von 7,2% hinter Japan (35,5) und der VR China (19,0) und vor den USA (6,6) und Korea Rep. (4,7%) behaupten. Besonders erfreulich: Bei der Einfuhr von Textilmaschinen war Deutschland mit einem Anteil von 25 % in 2014 Marktführer.

In Thailand ist ein von der Regierung gewünschter Umdenkprozess voll im Gange, der die Industrie in der Wertschöpfungskette nach oben anheben soll. Die Verarbeitung von anspruchsvolleren Fasern, eine intensivere Ausrichtung auf aktuelle Modetrends sollen hierzu ebenso beitragen, wie das Forcieren der Produktion höherwertiger Produkte. Gefordert sind hierzu Innovation und Kreativität. Bereits in 2013 verbesserte sich die Situation spürbar: die Produktion stieg bei den Fasern und Geweben um 14% und bei Bekleidung um 7%. Schließlich verfügt Thailand über modern ausgestattete Betriebe und qualifizierte Mitarbeiter. Qualität, Perfektion oder die Liebe zum Detail auf der einen Seite sowie die Verfügbarkeit der gesamten Wertschöpfungskette vom Rohstoff bis zum Endprodukt im Land sind besondere Pluspunkte der thailändischen Textil- und Bekleidungsindustrie. Ehrgeiziger Langzeitplan für Mode und Design

Die Regierung will sich stärker engagieren - über Instrumente wie Exportkredite, Förderung der Berufsbildung oder Heranziehung von Spezialisten aus der ganzen Welt für neueste Technologien. So bereitet das Thailand Textile Institute (THTI) einen Langzeitplan vor, um das Land bis 2030 führend in Mode und Textildesign zu etablieren. In der ersten Phase bis 2016 will das THTI die Position als regionales Zentrum für Mode und Textilhandel festigen. Die zweite Phase bis 2021 soll Thailand zum Zentrum für Produktdesign und weltführende Marken entwickeln mit einer Schlüsselrolle für die Distribution in asiatische Länder. In der letzten Phase bis 2030 wird der Sprung zum Weltmarktführer in Mode und Textildesign durch Integration der eigenen zeitgenössischen Kultur in die Branche angestrebt.

Ein Handicap besteht im Mangel an Arbeitskräften, die überdies bei einer äußerst niedrigen Arbeitslosenquote von 0,8% andere Sektoren wie den Tourismus oder das Gastgewerbe favorisieren. Auch wurde die Branche vom Board of Investment bisher eher stiefmütterlich behandelt, der seine Investitionsanreize prioritär an japanische Großunternehmen in den Branchen Elektronik und Automobilbau gewährte. Somit existieren auch nur wenige große ausländische Faserproduzenten - vornehmlich in den Industrieparks Ayutthaya, Lopburi und Pathumthani. Das Gros der rund 4.000 Unternehmen sind einheimische KMU mit rund einer Million Beschäftigten - womit die Branche der zweitgrößte Arbeitgeber in der verarbeitenden Industrie ist.

Ein wichtiges Signal setzte in diesem Zusammenhang der lokale Petrochemie-Konzern Indorama Ventures IVL), der Anfang 2014 im Joint Venture mit der japanischen Toyobo (80:20) den deutschen Kunstfaserproduzenten PHP Fibers übernahm. IVL erwartet daraus Synergieeffekte für technische Fasern auf den Märkten in Europa, Nordamerika und Asien. Das Wuppertaler Unternehmen produziert Polyamid- und Polyesterfasern, unter anderem für Airbags, Sicherheitsgurte oder Autoreifen. IVL zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Polyesterfasern, daneben PTA, PET und andere Grundstoffe. Toyobo fertigt Kunststofffasern für Automobile sowie Kunststofffolien, Textilien und medizinische Produkte.

Partner für die Zukunft

Die Privatindustrie arbeitet gleichfalls intensiver mit der Regierung zusammen. Zwölf Unternehmen schlossen sich zu einer Partnerschaft zusammen namens Thai Tex Trend oder kurz "T3". Das Ziel besteht darin, Innovationen in der Textilindustrie anzustoßen, sowie moderne Technologien in den Bereichen Weben, Stricken, Färben, Veredelung und Drucken einzuführen. Die Produkte der "T3" werden auf Trade Shows weltweit präsentiert. Überdies gibt es eine Reihe von interessanten Nischenmärkten mit hoher Wertschöpfung. Das THTI nennt als Beispiele kugelsichere Westen, nanotechnologische Hemden und Betttücher, feuerfeste Sofabezüge oder mückenabweisende Kleidung für Mönche.

"Made in Germany"

"Made in Germany" spielt in diesem neuen Konzept der "Up-to-date Technology" ganz vorn mit. In den ersten zehn Monaten 2014 lieferte Deutschland nach Thailand Textilmaschinen im Wert von umgerechnet rund 87 Mio. $ - also bereits deutlich mehr als im Gesamtjahr 2013 mit 61 Mio. $. Bei einem Gesamtimport von 335 Mio. $ war Deutschland 2014 mit einem Importanteil von 26% wichtigstes Lieferland vor der Konkurrenz aus Japan (20%), der VR China (16%), Taiwan (11%) und Italien (7%).

Die Umsetzung der ASEAN Economic Community (AEC) ab Ende 2015 bringt für Thailand aus Expertensicht beträchtliche Wachstumschancen, aber auch -risiken. Produktionskapazität kann in lohngünstigere Länder verlagert werden, womit zugleich neue Absatzmärkte für eigene höherwertige Produkte entstehen. Die restlichen intraregionalen Zölle werden ab 2016 fallen, noch betragen sie in einigen Ländern 5 bis 10% vom Warenwert. Myanmar bietet sich als wichtigstes Zielland an, insofern es 2013 in den Vorzug des Generalised System of Preferences (GSP) der EU kam, während Thailand diesen Status 2015 verliert und ein bilaterales Freihandelsabkommen mit der EU noch verhandelt wird.

Exportposition wieder gefestigt

Der Export von Textilien war 2012 zwar stärker rückläufig und sank um 12% auf 7,2 Mrd. $, erholte sich aber 2013 wieder auf einen Wert von 7,5 Mrd. $ und bewegte sich auch 2014 in den ersten zehn Monaten auf Vorjahresniveau. Die wichtigsten Absatzmärkte waren die ASEAN-Länder (21%), Japan (11%), die USA (16%) und die EU (15%). Im Trend der letzten vier Jahre haben die USA und die EU-Länder einige Anteile eingebüßt zugunsten von Japan und der ASEAN-Region.

Auch bei Bekleidung sanken die Ausfuhren 2012 recht ausgeprägt um 11% auf 2,5 Mrd. $. 2013 betrug der Rückgang nur 2,0%, während sich 2014 (Stand Oktober) eine Erholung abzeichnete. Hier dominieren als Bezugsländer weiterhin die USA (35%) und die EU (25%) deutlich vor Japan (11%) und der ASEAN-Region (5%). Eine ähnliche Entwicklung mit gleicher Absatzstruktur zeigte auch der Zweig Kleidung und Accessoires mit einem Ausfuhrwert um 2,9 Mrd. $.

Der Import von Textilien und Bekleidung war 2013 um 3,2% rückläufig auf 4,8 Mrd. $. Als hauptverantwortlich hierfür zeichnete die Textilsparte mit einem Rückgang um 4,9% auf 4,2 Mrd. $ - vornehmlich Garne, Fasern, Stoffe und sonstige Textilprodukte. Neben Australien, Brasilien und der Türkei kamen die meisten Textilprodukte aus der asiatischen Region. Dagegen stieg der Import von Bekleidung um 10,8% auf 0,6 Mrd. $, wobei die VR China mit 54% das mit Abstand größte Lieferland war.

Beim Export von Modeartikeln erwartete das Industrial Promotion Department 2014 einen Zuwachs von rund 5%. Textilien und Bekleidung stehen hier an zweiter Position mit einem Anteil von 40% hinter Schmuck und Juwelen (50%) sowie Leder und Schuhen (10%).  

Quelle: gtai / Waldemar Duscha

www.gtai.de