27.10.16 – Intertextile Shanghai Apparel Fabrics — read English version

Qualität statt Quantität

Die große Euphorie ist vorbei. Chinas Wirtschaftswachstum stößt an seine Grenzen. Dies hat Folgen für den globalen Sourcing-Markt und führt zu Veränderungen.

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Auch wenn die Austellerzahl im Vergleich zum Vorjahr stagniert, lässt sich feststellen: die Bedeutung der Intertextile Shanghai nimmt kontinuierlich zu (Photos: Messe Frankfurt (HK) Ltd) © Messe Frankfurt

 
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Bemerkenswert auch der Zuwachs an Ausstellern auf insgesamt 170 in der Beyond Denim Zone © Messe Frankfurt

 
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China plant einen wirtschaftlichen Umbau vom Fertigungsland hin zu einer Konsum- und High-Tech-Gesellschaft. Das Credo: Qualität statt Quantität. Dies bestätigte auch die Herbstedition der Intertextile Shanghai.

Nachdem in den vergangenen Jahren jeweils ein Ausstellerrekord nach dem anderen verkündet werden konnte, stagnieren erstmals die Zahlen. Auch hier soll es in Zukunft heißen: Qualität statt Quantität. Neue Sourcing-Märkte erobern den globalen Textilmarkt.

Neben Südostasien wie Bangladesch, steht immer mehr Afrika hoch im Kurs. Diese Entwicklung hat China längst erkannt und baut seine wirtschaftlichen Kooperationen mit Ländern auf dem afrikanischen Kontinent sukzessiv aus. Milliarden werden für die Modernisierung und Infrastruktur investiert. Damit stärkt das Land auch die eigene Position. Der chinesische Präsident Xi Jinping hat afrikanischen Ländern über die nächsten Jahre Entwicklungshilfe im Umfang von umgerechnet 56 Milliarden Euro zugesagt. Auch neue Textilfabriken entstehen nach neuesten technischen Standards. Es passiert nicht selten, dass ein chinesischer Textilproduzent ein neues Werk in Afrika baut, dort viele neue afrikanische Mitarbeiter einstellt und zeitgleich chinesische Mitarbeiter in den chinesischen Werken entlässt.

Problem: Konsumeinbruch

Ein weiteres Problem für die chinesische Textilwirtschaft ist der fortschreitende Konsumeinbruch der chinesischen Mittelschicht, aufgrund von stark gestiegenen Lebenshaltungskosten. Die Folge: die Nachfrage nach Bekleidung aus heimischer Produktion sinkt. „Viele chinesische Textilunternehmen, die bis dato nur für den heimischen Markt produzierten, sind gezwungen, nach neuen Märkten zu suchen, vorwiegend Europa und die USA“, erzählt Micheal Lam von Advanced Denim.

Dies bedeutet auch eine Anpassung des Design, denn „der Geschmack der Chinesen in puncto Optik und Style bei den nachgefragten Textilien ist sehr unterschiedlich im Vergleich zur westlichen Welt.“, so Isabel Gibson vom Gibson Design Studio aus der Schweiz. „In Bezug auf Swimwear bevorzugen Europäer beispielsweise Blumen im europäischen Stil, flippige New Yorkerinnen dagegen fancy Animalprints in Knallfarben und Chinesen eher asiatische Blumen, die westlich interpretiert sind.“, so Gibson weiter. Der Schlüssel des Erfolges der chinesischen Textilindustrie liege wohl in der Diversifizierung des Designs.

Yuko Watanabe, internationale Koordinatorin der Japan Fashion Week und mitverantwortlich für das internationale Trendforum auf der Messe: „Die Qualität der Produkte steigt von Jahr zu Jahr weiter an“. In gleicher Weise resümiert Wendy Wen, Senior General Manager der Messe Frankfurt (HK): „Auch wenn wir in den letzten Jahren stetigen Wachstum verzeichnen konnten, lag unsere Priorität langfristig immer auf einer hohen Qualität, sei es seitens der Aussteller und ihren Produkten wie auch auf Seiten der Einkäufer. Wir sind uns um die aktuelle wirtschaftliche Situation bewusst und deren Herausforderungen für einige Industriesektoren. Dafür möchten wir die optimale, internationale Plattform bieten.“

Über 4.600 Aussteller aus 29 Ländern präsentierten ihre neuesten Kollektionen in 10 Hallen auf einer Fläche von 260.000 qm. Auch wenn die Ausstellerzahl im Vergleich zum Vorjahr stagniert, lässt sich feststellen: die Bedeutung des asiatischen Messeplatzes in Shanghai steigt kontinuierlich. Wer auf der Suche nach Premium Produkten ist, findet diese im Salon Europe mit der Milano Unica wie auch zahlreichen Länderpavillons wie Frankreich, Deutschland und der Türkei.

Doch auch Länderpavillons wie Hong Kong, Indien, Japan, Korea, Taiwan und Thailand unterstreichen ihre Berechtigung für den globalen Textilmarkt.

Um bei diesen gigantischen Ausmaßen der Messe den Überblick zu behalten und die Abläufe für Besucher und Einkäufer zu erleichtern, wurden sechs spezifische Produktzonen eingerichtet: Accessories Vision, All About Sustainability, Beyond Denim, Functional Lab, Premium Wool Zone sowie Verve for Design.

Chinas Niveau steigt

Um nicht nur auf dem heimischen Markt Fuß zu fassen, sondern auch international zu wachsen, muss die Qualität stimmen. Immer mehr chinesische Hersteller setzen dies um, denn die Qualität der angeboten Produkte nimmt kontinuierlich zu. Dies betätigen die sieben chinesischen Aussteller-Hallen, unterteilt in diverse Produktgruppen wie Ladieswear, Functional Wear, Sportswear, Swimwear, Suiting oder Shirting.

Bemerkenswert auch der Zuwachs an Ausstellern in der Beyond Denim Halle. Das chinesische Unternehmen Prosperity Textile zeigt sich auf seinem sehr großen Stand als innovativer, moderner Denimproducer, der zudem eco-friendy Denim im Produktportfolio aufweist. 2016 war es das erste Unternehmen in der chinesischen Denimindustrie, das dem Bluesign-System beitrat. So werden umweltbelastende Substanzen von Anfang an aus dem Fertigungsprozess ausgeschlossen, Richtlinien festgelegt und deren Einhaltung für eine umweltfreundliche und sichere Produktion kontrolliert.

Obgleich auch im "fernen" Asien der Brexit in aller Munde ist, ist der Stellenwert der europäischen Textil- und Bekleidungsindustrie in China weiterhin hoch und die Nachfrage von chinesischen Einkäufern nach hochqualitativen Produkten aus Europa weiterhin ungebrochen. Ob Frankreich und Italien für die luxuriösen Produkte oder Deutschland mit seinen Hightech-Angeboten.

Die Intertextile als internationaler Marktplatz bietet auch europäischen Ausstellern wie Einkäufern eine optimale Möglichkeit, Zugang zum chinesischen Markt zu erhalten. Laura S. Clerici vom italienischen Unternehmen Teseo Tessitura Serica Di Olmeda, einem Spezialisten für Seide, sagt hierzu: „Teseo stellt bereits seit einigen Saisons auf der Intertextile Shanghai aus. Für uns ist es gute Möglichkeit, einen Zugang zum chinesischen und asiatischen Markt zu erhalten.“

Bleibt festzuhalten: Die Zeichen in Chinas Textilindustrie stehen auf Veränderung und es wird sich zeigen, wie sich der chinesische Markt verändern wird. Fakt ist: er ist bereits im Veränderungsprozess und es werden die chinesischen Textilunternehmen profitieren, die wandelbar und flexibel am Markt agieren und den Wandel mit vollziehen können, und das trotz der Krise. Denn Krisen bergen immer auch Chancen.