19.12.24 – Nachruf
Professor Dr. Dr. h.c. Franz Effenberger verstorben
Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) trauern um Professor Dr. Dr. h.c. Franz Effenberger. Der ehemalige Leiter des früheren Instituts für Textilchemie und Chemiefasern (ITCF) der DITF verstarb am 11. Dezember im Alter von 94 Jahren.
„Professor Effenberger war ein brillanter Chemiker, Forscher und Hochschullehrer. Wir verlieren mit ihm einen bedeutenden Wegbegleiter – zunächst als Mitglied des Kuratoriums und später als Institutsleiter. Noch im November durften wir Professor Effenberger als Ehrengast bei der von den DITF ausgerichteten Aachen-Dresden-Denkendorf International Textile Conference begrüßen. Die DITF verdanken Professor Effenberger sehr viel und werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.“ erklärt Professor Dr. rer. nat. habil. Michael R. Buchmeiser, Vorstandsvorsitzender der DITF.
Beeindruckende Biographie eines leidenschaftlichen Forschers
Franz Effenberger studierte Textilingenieurwesen in Krefeld, dann Chemie an der Technischen Hochschule Stuttgart, promovierte 1958 bei Hellmut Bredereck an der TH Stuttgart mit dem Thema „Untersuchungen an kondensierten heterocyclischen Ringsystemen“ und habilitierte 1964 im Fach Organische Chemie. Nach einem einjährigen Forschungsaufenthalt an der University of Michigan in den USA 1965 und Jahren als Winnacker-Stipendiat folgte er 1971 dem Ruf als Professor für Organische Chemie an die Stuttgarter Hochschule und Direktor des Instituts für Organische Chemie der Universität Stuttgart. Beide Funktionen füllte er mit großer Leidenschaft und Erfolg bis 2002 aus.
An der Universität Stuttgart, deren Prorektor (1980 - 1986) und Rektor (1986 -1990) er war, wirkte Franz Effenberger an der Reform des Chemiestudiums mit und engagierte sich für den Aufbau des Studienschwerpunkts Bioverfahrenstechnik. Zusätzlich war er im Ausland aktiv: Als Gastprofessur unterrichtete er 1977 an der Cornell University in Ithaka/USA und 1989 an der Ecole Supérieure de Physique et Chimie in Paris.
Zu seinen wichtigsten Arbeitsgebieten zählten die Chemie der Aromaten, Heterozyklen und Aminosäuren, die chemischen Grundlagen der Molekularelektronik, Anwendungen von Enzymen in der Synthese sowie die Entwicklung ultradünner organischer Schichten. Rund 350 Veröffentlichungen und 55 Patente in Zusammenarbeit mit namhaften Unternehmen hat Franz Effenberger vorgelegt – ein eindrucksvoller Beleg für seine wissenschaftliche Leistung und sein berufliches Lebenswerk, das ganz im Zeichen der Forschung stand. Im Jahre 2023 legte er in der Reihe „Lebenswerke in der Chemie“ seine Autobiographie „Von Aromaten und Heterocyclen zur Bio- und Nanotechnologie“ vor.
Meilenstein: Entwicklung der Carbonfaser-Fertigungstechnologie
2003 übernahm Franz Effenberger für sechs Jahre die Leitung des Instituts für Textilchemie und Chemiefasern (ITCF) der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF), nachdem er bereits bis 2003 Mitglied des Kuratoriums der DITF war. Mit unermüdlichem Einsatz, überragender Fachkompetenz und einem offenen Ohr für seine Mitarbeiter, Mitstreiter und die Belange der Branche gelang es Professor Effenberger, den national sowie international hervorragenden Ruf des ITCF Denkendorf weiter auszubauen. Als Wissenschaftler mit strategischem Geschick und Gespür für die richtigen Themen initiierte er zahlreiche zukunftsweisende Forschungsprojekte, trieb die Zusammenarbeit mit der Industrie gezielt voran und stellte damit die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft der Forschung in Denkendorf. Zusammen mit der SGL Group initiierte Franz Effenberger am ITCF den Aufbau der Carbonfaser-Technologie und setzte damit einen Meilenstein auf dem Weg zur unabhängigen europäischen Carbonfaser-Fertigungstechnologie, deren Beherrschung von entscheidender Bedeutung für Deutschland als Hochtechnologie-Standort ist.
Franz Effenberger wurde vielfach ausgezeichnet. Für sein wissenschaftliches Wirken und sein Gesamtschaffen, das durch Entdeckungen und neue Erkenntnisse das Fachgebiet der Chemie nachhaltig geprägt hat, erhielt er u. a. den Humboldt-Forschungspreis und das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Auch im Ausland wurden seine Leistungen vielfach gewürdigt. Die Keio-Universität zeichnete ihn mit dem Japan Society for the Promotion of Science-Fellowship Award aus, die Universität Straßburg ehrte ihn mit der Louis-Pasteur-Medaille, in Frankreich wurde er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt (1997). Die Universidade Federal de Santa Maria (Brasilien) verlieh Franz Effenberger die Ehrendoktorwürde.