10.11.22 – Logistik — read English version

Kaum Lieferengpässe in der Vorweihnachtszeit

Importeure von schnell drehenden Konsumgütern können entspannt auf die Aktionstage im November blicken – zumindest, wenn es um Seefrachtraten und Transitzeiten geht.

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Die Liefersituation verbessert sich stetig. © joyfotoliakid/stock.adobe.com

 

Die Supply Chain-Experten des Bochumer Softwarehauses Setlog gehen nicht davon aus, dass es zu einem Lieferchaos oder einem sprunghaften Anstieg der Raten für Container aus Fernost vor den bekannten Aktionstagen und in der Vorweihnachtszeit kommt. Der Hauptgrund: Die Importeure von Konsumgütern lernten zum einen aus der Corona-Pandemie und bestellen ihre Produkte jetzt im Schnitt eine Woche früher als noch im Jahr 2020 und vor der Corona-Pandemie. Zum anderen sind die Bestellvolumina seit Sommer im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 25 % zurückgegangen. Das lässt sich aus einer Analyse von Setlog-Kunden und Brands ablesen. Eine weitere Erkenntnis: In den Monaten Juni bis September verbesserte sich der Transit im Vergleich zum Vorjahreszeitrum um bis zu sieben Tage.

Mehr Kapazitäten sorgen für entspanntere Liefersituation

Freuen können sich die Händler hierzulande über die Situation nur bedingt: „Hintergrund der zum Teil bis zu einem Viertel geringeren Bestellvolumina ist die Angst der Unternehmen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher bis Jahresende aufgrund der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Großwetterlage deutlich weniger in den Geschäften oder online kaufen als im Vorjahr“, betont Ralf Düster, Vorstandsmitglied von Setlog. Neben den geringeren Bestellmengen tragen noch andere Gründe dazu bei, dass die Liefersituation deutlich entspannter ist als noch vor einem Jahr. Insgesamt gibt es momentan mehr Kapazitäten. Es sind eine halbe Million Container mehr im Umlauf. Und die Schiffe sind je nach Route kaum noch überbucht im Vergleich zu vierfachen Überbuchungen vor einem Jahr. Deshalb pendeln sich die Laufzeiten der Containerschiffe aus Asien je nach Route und Loop wieder bei 35 bis 38 Tagen ein.

Die Frachtraten haben sich Setlog zufolge deutlich entspannt, sie sind für den reinen Seetransport nur noch ein Viertel so hoch wie zu den schlimmsten Corona-Zeiten. Damals mussten Unternehmen für einen 40-Fuß-Container zwischen 16.000 und 20.000 US-Dollar aufbringen. Jetzt müssen sie, je nach Abfahrthafen, Route und Reedereien, weniger als 5.000 US-Dollar auf den Tisch legen. Auf dem Spotmarkt werden inzwischen Preise von 4.000 US-Dollar und weniger offeriert, auch wenn die Rückgabe in ein Inlandsdepot dann nicht immer möglich ist, was die Nachlaufkosten verteuert.

Situation in Deutschland noch schwierig

Dieser für Importeure grundsätzlich erfreuliche Trend wird derzeit aber für deutsche Unternehmen durch eine spezielle Misere gedämpft: Während das Geschäft beispielsweise in Schanghai, dem umschlagsstärksten Hafen der Welt, fast rund läuft, stauen sich immer noch Schiffe auf der Nordsee und warten auf die Hafeneinfahrt nach Hamburg. Deshalb kann es für sehr knapp kalkulierte oder verspätete Aktionsware noch eng werden, auch wenn sich die Lage generell gebessert hat. Nach Angaben von Setlog ist in vereinzelten Einzelfällen immer noch mit Verspätungen von bis zu acht Tagen zu rechnen. Die Situation verbessert sich jedoch stetig. Auch bei Schiffen, die von der US-Ostküste kommen und vor ihrer Reise über den Atlantik einen Nordseehafen anlaufen, sind Verzögerungen möglich.

Verlagerungen in Asien zu beobachten

Die Ergebnisse vieler Importeure von Mode, Spielwaren, Haushaltsartikeln & Co. werden in der Vorweihnachtszeit nicht nur durch eine geringere Nachfrage geschmälert, sondern auch durch steigende Einkaufspreise. Je nach Produkt und Land registriert Setlog Preisanstiege zwischen 8 und 15 % – wobei dabei der starke US-Dollar nicht berücksichtigt ist, da in Asien in der Regel nicht in Euro eingekauft wird.

Die erhöhten Preise für die Waren aus Fernost führen laut Lieferketten-Experte Düster nicht dazu, dass die Produktion von T-Shirts oder Haushaltswaren im großen Stil von Asien nach Deutschland oder in die USA verlagert wird. „Die Lohn- und Produktionskosten sind hierzulande immer noch deutlich höher“, so Düster.

Gleichwohl beobachte er Verlagerungen in Asien. Einige Bestellungen werden statt in China in Vietnam oder Indien platziert. Das lässt sich auch an den Frachtraten und der Containernachfrage ablesen. Während in China die Seefrachtraten für 40 DC-Container weiter sinken – derzeit sind sie etwa halb so teuer wie Anfang des Jahres -, stabilisierte sich das Preisniveau in Indien und Vietnam in den vergangenen zwei Monaten. In mehrere Häfen ist der Bedarf nach Stahlboxen deutlich angestiegen – darunter in Mundra, Nhava Sheva und Ho Chi Minh Stadt.