26.11.21 – Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Nachhaltige Lieferketten für die deutsche Textilindustrie

Am 1. Januar 2023 tritt das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft. Zeitnah ein Risikomanagement einzuführen, ist ratsam. – ein Beitrag von Thomas Wagner

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Ab 2023 sollen Unternehmen mit mindestens 3.000, ab 2024 mit 1.000 Mitarbeitenden ihre gesamte Lieferkette im Blick haben. © donvictori0/stock.adobe.com

 
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Thomas Wagner ist bei Akzente Ansprechpartner für Nachhaltigkeitsstrategien, Nachhaltigkeitsreporting, Stakeholderbefragungen und -management, nachhaltigkeitsbezogene Ratingprozesse sowie für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. © Akzente

 

Textile Lieferketten sind sehr komplex. Bis ein fertiges Kleidungsstück verkauft wird, werden in der weltweit stark verzweigten Lieferkette viele Schritte durchlaufen. Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) will die Bundesregierung deutsche Unternehmen und auch ausländische Unternehmen mit Zweitniederlassung in Deutschland stärker in die Verantwortung nehmen, international anerkannte Menschenrechte in ihren Lieferketten zu achten – und die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der UN verbindlich umzusetzen.

Abgestufte Anforderungen

Ab 2023 sollen Unternehmen mit mindestens 3.000, ab 2024 mit 1.000 Mitarbeitenden ihre gesamte Lieferkette im Blick haben. Die Anforderungen sind dabei abgestuft: Berücksichtigt werden dabei das Einflussvermögen eines Unternehmens auf den Verursacher der Menschenrechtsverletzung sowie die unterschiedlichen Stufen in der Lieferkette. Während die Sorgfaltspflichten für den eigenen Geschäftsbereich sowie für unmittelbare Zulieferer in vollem Umfang gelten, müssen die Unternehmen bei mittelbaren Zulieferern nur bei Verstößen aktiv werden. Ob die Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten nachkommen, soll das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überwachen. Bei Versäumnissen oder Verstößen drohen Bußgelder oder der Ausschluss von der öffentlichen Beschaffung.

Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Ausland können sich in Gerichtsprozessen von Nichtregierungsorganisationen oder Gewerkschaften mit Sitz in Deutschland vertreten zu lassen. Nur liegt die Beweislast für die Verletzung von Sorgfaltspflichten weiterhin bei den Geschädigten, denn das Gesetz schafft keine neuen zivilrechtlichen Haftungsregelungen.

Was jetzt getan werden muss

Unternehmen, die unter die Regelung fallen, müssen eine Grundsatzerklärung veröffentlichen, die ihr Sorgfaltspflichtenverfahren beschreibt. Zeitnah ein Risikomanagement einzuführen und umsetzen, das in allen maßgeblichen Geschäftsabläufen verankert ist, ist ratsam.

Dazu gehört eine jährliche sowie anlassbezogene Risikoanalyse in Bezug auf die menschenrechtlichen Risiken im eigenen Geschäftsbereich und bei den unmittelbaren Zulieferern. Welche Tools hierfür geeignet sind, hängt von der Unternehmensgröße ab. Außerdem müssen angemessene Präventions- und Abhilfemaßnahmen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen ergriffen, ein unternehmensinternes Beschwerdeverfahren eingerichtet oder sich an einem externen Beschwerdemechanismus beteiligt werden. Zudem muss jedes Jahr ein Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten veröffentlicht werden.

Dafür schafft das Lieferkettengesetz transparente Lieferketten und damit Vertrauen. Wünschenswert und weit wirkungsmächtiger in dieser Hinsicht wäre natürlich eine europaweite einheitliche Regelung. Zu den Inhalten und weiteren Schritten des sogenannten EU Supply Chain Act sollten wir noch dieses Jahr mehr erfahren. Auch wenn die Mehrpreisakzeptanz von Kunden für nachhaltig produzierte Ware sicherlich noch nicht in der breiten Masse besteht – sicher ist: Immer mehr Menschen wollen Kleidung tragen, die fair und nachhaltig produziert wurde.

Autor: Thomas Wagner, Partner bei Akzente, Nachhaltigkeitsberatung