25.02.21 – Verknüpfung von Technologie und Kreativität — read English version

Marc Cain: Mit 3D-Designsoftware in die Zukunft

Marc Cain geht mit der 3D-Designsoftware weitere Schritte in die digitale Zukunft. Dahinter steckt eine klare Digitalstrategie.

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Best of der Kollektionen Herbst/Winter 2021: Models und Avatare begegneten sich in zwei verschiedenen Welten und präsentierten lässige Wohlfühl-Looks, die den aktuellen Stricktrend der Saison in den Fokus setzen. © Marc Cain

 
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Fiktion und Realität. Natur und Stadt. Avatare und Models treffen sich im Marc Cain Fashion Film „How Wonderful“. © Marc Cain

 
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Marc Cain verfügt über einen der modernsten Maschinenparks an Strickmaschinen weltweit und hat schon immer sehr früh in moderne Technik investiert. Nun geht das Unternehmen mit der 3D-Designsoftware weitere Schritte in die digitale Zukunft. Dahinter steckt eine klare Digitalstrategie.

Marc Cain gehört zu den wenigen Textilunternehmen, das an einer eigenen Produktion am Standort in Deutschland festhält. Allein im Strickmaschinenpark wurden insgesamt in 100 Flach- und sieben Rundstrickmaschinen investiert. Zudem optimieren die Marc Cain-Stricktechniker die Maschinen für ein unverwechselbares Marc Cain-Warenbild. Zu den besonderen Fertigungstechniken bei Marc Cain zählt die „3D Knit & Wear“-Technologie der Firma Stoll Karl Mayer, mit der Kollektionsteile in nur einem Arbeitsgang direkt in der hauseigenen Strickerei hergestellt werden und deren anschließende Ausrüstung und eventuelle Bedruckung ebenfalls im Headquarter stattfindet.

Digitalisierung – ein komplexes Themenfeld

Die Einbettung der einzelnen Fertigungsstufen hin zu einer umfassenden Digitalisierung entlang der einzelnen Prozesse ist sehr komplex. Aktuell gibt es verschiedene Schnittstellen zwischen Strickprogrammen, Schnittprogrammen, Bildbearbeitungs-Software und 3D-Software, mit denen Marc Cain arbeitet. Im Strickbereich wird mit Stoll-Artwork zur Simulation von Jacquard gearbeitet, für Texturen und Oberflächen der Materialien werden Maps aus Vizoo, von Adobe und von anderen Quellen eingesetzt. Schnitte und Konturen werden über das Standard-DXF-Format ausgetauscht. Für Farben und Prints setzt Marc Cain auf eigene erstellte Bibliotheken.

Perfektion dank 3D-Simulation und Kooperationen

Die Positionierung von Drucken und Panneaus werden über 3D-Simulationen optimiert, sodass diese perfekt in der hauseigenen Digital-Druckerei produziert werden können.

Bereits 1998 entwickelte Marc Cain sein eigenes digitales Inkjet-Druckverfahren. Das Verfahren wurde seitdem laufend weiterentwickelt und hat inzwischen bereits die vierte Entwicklungsstufe erreicht. Besondere Features sind: Steigerung der Druckgeschwindigkeit um 260 Prozent, bei einem Farbraum bis zu acht Farben.

Um weiterhin innovativ zu bleiben, insbesondere in Bezug auf die Digitalisierung, kooperiert Marc Cain bereits seit mehreren Jahren mit Softwareanbietern und Hochschulen. Seit 2016 besteht z. B. eine Zusammenarbeit mit der Hochschule Niederrhein. Damals analysierte Professor Dr. Michael Ernst, welche Software für Marc Cain ideal ist, um die Produkte nachzubilden. Im Ergebnis entschied sich Marc Cain für Clo3D von Clo – zwar eine Stand-alone-Lösung, zu dem Zeitpunkt war es jedoch die Design-affinste. Auch wurde ein 3D-Produktentwicklungs-Team mit Absolventen der Hochschule Niederrhein gegründet, das sich seitdem intensiv mit der realitätsnahen Visualisierung der Materialien bezüglich dem Fall, der Textur und den Oberflächen der Materialien beschäftigt.

Ein weiteres Beispiel: Im Rahmen ihrer Master Thesis der Hochschule Reutlingen machte Cora Winker, die seit Februar das 3D-Team bei Marc Cain verstärkt, die Modelle von Marc Cain im virtuellen Raum erfahrbar. Und natürlich arbeitet Marc Cain auch weiterhin eng mit Softwareanbietern zusammen – etwa mit Clo für das Design und mit INDG aus den Niederlanden zur Umsetzung der digitalen Modenschauen.

„Wir wollen neue Wege gehen“

Marc Cain ist bekannt für die hohe Kombinierbarkeit der einzelnen Teile innerhalb seiner Kollektionen. Daraus resultiert eine fast unendliche Anzahl von Möglichkeiten, die dank 3D-Simulationen von den Kundinnen in jeglichen Kombinationen visuell „anprobiert“ werden könnten – sobald die 3D-Simulationen im Onlineshop die Stillfotografie ablöst. Auch können 3D-Modelle für den persönlichen Scan-Avatar der Kundin zur Anprobe verwendet werden.

Alles Zukunftsmusik?

Tatsächlich gibt es solche Angebote bereits als Gimmick in diversen Online Shops z. B. für Sneakers. Kunden können die Produkte auf einem sogenannten Turntable von allen Seiten betrachten, ja sogar das Innenleben erkunden, so wie sie es von einem Auto-Konfigurator schon gewohnt sind. Ein weiterer Schritt: mit Augmented Reality (erweiterte Realität) den gewünschten Artikel mit dem eigenen Handy z. B. im „eigenen Wohnzimmer“ anschauen. Der entsprechende Link wird dazu einfach per QR-Code im Onlineshop gescannt. Diese und viele weitere Anwendungen haben dabei eines im Sinn: Emotionen für die Ware zu entwickeln und das Shoppingerlebnis online aufzuwerten.

Allerdings sind die dafür notwendige 3D-Software und entsprechende Hardware teurer als für 2D. Einsparungen ergeben sich erst durch die konsequente Nutzung neuer Möglichkeiten vom Design bis hin zum Endkunden. Marc Cain nutzt schon heute den in CLO3D generierten Content über die gesamte Wertschöpfungskette, in der Kollektionsplanung und Entwicklung, bei der Zutatenentwicklung, bei der Erstellung von TacPacks, im Marketing sowie im Verkauf (End2End). Davon profitiert die gesamte Wertschöpfungskette.

Marc Cain ist in der digitalisierten Welt angekommen und weiß: Die Digitalisierung in der Fashionindustrie bedeutet zwar ein stetiges Investment, doch eines das sich auszahlt und letztendlich alternativlos ist.

Unseren ausführlichen Beitag lesen Sie in der aktuellen Print-Ausgabe von textile network 1/2021.