02.01.20 – Leitthema „Luft“ — read English version
Neonyt: Drive the Change
Das Jahr 2020 hat begonnen und große Teile der Gesellschaft sind bereit, einen Meilenstein für Klima und Biodiversität, Ozeane und Wälder zu setzen.
Der Klima-Gipfel in Madrid im Dezember vergangenen Jahres läutete die Zeit des Handelns ein. Auch Europa nimmt den Kampf gegen die Erderhitzung auf. So kündigte die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen verstärkte Anstrengungen Europas an: „CO2 muss einen Preis bekommen.“ Vor fünf Jahren fing alles an: Im Dezember 2015 wurde auf der UN-Klimakonferenz in Paris ein Übereinkommen verabschiedet. Die Vertragsparteien setzten sich das Ziel, die menschengemachte globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C gegenüber vorindustriellen Zeiten zu begrenzen. Das geht nur, wenn bis zur zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts die Klimaneutralität erreicht wird.
Gemeinsam die Welt verändern: Schnell wird klar, dass dieses Ziel nicht alleine erreicht werden kann. Neue Lösungen und Geschäftsmodelle müssen ausgearbeitet werden. Ein tiefer, systematischer Wandel ist nötig. Und die Modebranche als wichtiger globaler Akteur hat einen großen Anteil daran. Mit 75 Mio. Angestellten weltweit und einem Anteil von 4 Prozent am globalen Abfall muss sich die Branche ändern, um die Ziele zu erreichen.
Laut WWF ist die Bekleidungs- und Textilindustrie für 1,7 Mrd. Tonnen CO2-Austoß im Jahr verantwortlich
Das sind 3 Prozent der weltweiten Kohlenstoffemissionen. Einer Untersuchung der britischen Ellen-MacArthur-Stiftung nach könnte die Textilindustrie bis 2050 für ein Viertel des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes verantwortlich sein – das gilt es, zu verhindern.
Einen Weg zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 zeigt die Agenda 2030 der Vereinten Nationen (UN) mit den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) auf. Die Ziele sollen eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene sichern. Auch die Messe Frankfurt setzt ihre Plattform Texpertise Network ein, um den positiven Wandel voranzutreiben: Mit seinen weltweit über 50 globalen Textil- und Modemessen kooperiert Texpertise Network mit der Conscious Fashion Campaign und dem United Nations Office for Partnerships. Ab Januar dieses Jahres werden sie die nachhaltigen Entwicklungsziele der UN den mehr als 22.000 Ausstellern und über einer halben Million Fachbesuchern vorstellen.
Jeder kann einen Unterschied machen
„Alle Unternehmen innerhalb der globalen Wertschöpfungskette für Mode, Einzelhandel und Textilien haben unabhängig von ihrer Größe und geografischen Lage die Möglichkeit, Maßnahmen zu ergreifen, die zu einer messbaren Verringerung der Treibhausgasemissionen führen“, heißt es auf der ersten Seite der Fashion Industry Charter for Climate Action.
Diese wurde im Dezember 2018 von 43 Unternehmen bei der UN-Klimakonferenz in Kattowitz, Polen, unterzeichnet. Von Adidas über H&M bis Stella McCartney: Bis heute ist die Zahl auf 88 Unternehmen und 28 unterstützenden Organisationen angestiegen. Sie alle verpflichten sich dazu, ihren Treibhausausstoß bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren. In Arbeitsgruppen werden Potenziale zur Dekabonisierung der Modebranche analysiert. So vielfältig und komplex wie die textile Wertschöpfungskette selbst, sind auch die Ansätze unterschiedlicher Textilunternehmen.
Bei der Faser fängt es an
Über 100 Mio. t Fasern produziert die Industrie jährlich. Ein Vorreiter mit einer klaren Klimastrategie in der Faserherstellung ist das österreichische Unternehmen Lenzing. Lenzing als einer der Unterzeichnenden der Fashion Industry Charter for Climate Action hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis zum Jahr 2030 will der Konzern die Emissionen pro Tonne produziertem Zellstoff und Fasern um 50 Prozent im Vergleich zu 2017 senken. Dadurch kann die Lenzing Gruppe weltweit 1,3 Mio. Tonnen CO2 vermeiden. Das Ziel ist es, bis 2050 netto kein CO2 mehr zu emittieren.
Stefan Doboczky, Vorstandsvorsitzender der Lenzing Gruppe
„Der Klimawandel ist die größte Herausforderung, vor der die Menschheit derzeit steht. Wir können als Vorreiter in unserer Industrie nur dann glaubwürdig Verantwortung für unsere Kinder und Enkelkinder übernehmen, wenn wir jetzt handeln.“
Wie Lenzing das genau erreichen möchte?
Die Fasern von Lenzing werden aus Holz hergestellt. Der Rohstoff wird aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern gewonnen – diese nehmen mehr Kohlenstoff auf und wirken so als Nettosenker. Auch die im Holz gespeicherte Energie wird genutzt, sodass zum Beispiel der Standort Tschechien vollkommen energieautark ist. In der Phase der Textilherstellung kann außerdem durch den Einsatz eines Spinnfärbeverfahrens wie bei den Lenzing Modal Eco Color-Fasern der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette reduziert werden.
Nicht zuletzt reduzieren schnelltrocknende Produkte und Kleidungsstücke, die weniger häufig gewaschen werden müssen, den Stromverbrauch in der Nutzungsphase. Am Ende des Produktlebenszyklus zerfällt die Cellulose, aus der die Faser besteht, wieder in ihre Ausgangsstoffe und bildet die Basis für neues Pflanzenwachstum. Pflanzen, die wieder das Kohlenstoffdioxid aus der Luft aufnehmen und zu einer neuen wertvollen Ressource werden lassen.
Neonyt macht 2020 Luft zu ihrem Leitthema
Auch die Maschinen, die entlang der textilen Wertschöpfungskette zum Einsatz kommen, bieten ein enormes Potenzial zur CO2-Vermeidung. Die Neonyt, der globale Hub für Mode, Nachhaltigkeit und Innovation, macht von 14. bis 16. Januar 2020 Luft zu ihrem Leitthema.
Christopher Veit, Geschäftsführer der Veit GmbH, wird dann auf der Konferenz Fashionsustain über den Wandel, der in der Luft liegt referieren. Der Hersteller von Maschinen und Anlagen für Bügeltechnik, Fixieren, Pressen und Aufbereiten von Bekleidung entwickelte schon vor über zehn Jahren das eMotion-System.
Die sogenannte Energy-Box des Sets kann an Textilpflege-Maschinen angeschlossen werden und steuert die Dampfverteilung dieser. So wird unter anderem sichergestellt, dass nur die wirklich benötigte Dampfmenge eingesetzt wird. Bis zu 40 Prozent der Energie können somit eingespart werden. Veit demonstriert, wie durch wegweisende Technologien Energie effizienter genutzt, Ressourcen geschont, Kosten gesenkt und so die Wettbewerbsfähigkeit erhöht werden kann.
Eine weitere ökologische Herausforderung in der Wäsche- und Reinigungsindustrie ist die einmalige Aufwärmenergie. Diese ist bei Fixiermaschinen am höchsten. In der FX Diamond-Linie entwickelte Veit eine Möglichkeit, sie gegenüber dem Industriestandard um die Hälfte zu reduzieren. Auch durch die Kaltbügeltechnologie können die Heizkosten an jedem einzelnen Arbeitstisch komplett eingespart werden. Doch Veit will nicht nur durch Maschineninnovationen die Branche verbessern, auch im eigenen Haus wird das Gesamtbild betrachtet: Eine Analyse des Eco-Footprints des Standortes China zeigte, dass der Hauptbeitrag zum CO2-Ausstoß bei den Seefrachten nach Bangladesch entsteht. Durch Platzoptimierung arbeitet Veit nun daran, auch diesen Teil ihrer Lieferkette zu verbessern. „Das Thema Luft findet in der Textilbranche noch zu wenig Aufmerksamkeit – dabei gibt es in textilen Wertschöpfungsketten so viel Potenzial eine wirkliche Veränderung zu bewirken“, sagt Christopher Veit.
Den ausführlichen Beitrag von Lena M. Kaufmann lesen Sie in unserer Print-Ausgabe 1-2/2020 mit Erscheinungstermin 28. Januar.
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