25.10.19 – Textildruck ganz ohne Chemie — read English version

Organic Prints

Industrietaugliche Druckfarben und Druckverfahren auf der Basis von Naturfarbstoffen und natürlichen Komponenten.

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Hess Natur-Textilien hat im Frühjahr 2019 erstmals zwei mit den Farben bedruckte Seidenblusen auf den Markt gebracht. © hessnatur

 
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© hessnatur

 

Im Vorhaben Organic Prints haben Design, Industrie und Handel kooperiert, um pflanzliche Druckfarben für die moderne Textilproduktion zu entwickeln: die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, die Textildruckerei KBC und das Versandhaus für Naturtextilien Hess Natur.

Für interessierte Anwender stehen Farbkarten für Seide und die Viskosefaser Modal mit empfohlenen Farbtönen zur Verfügung. Für diese Farben hat das Projektteam geeignete Rezepturen und Verfahren vom Beizmittel über das Dämpfen bis zur Drucknachwäsche ermittelt.

Die Farben lassen sich im industriellen Rotationsdruck verarbeiten und weisen in der Farbtiefe, Schweiß-, Wasch-, Reibungs- und Lichtechtheit gute Eigenschaften auf. Im Unterschied zum Färbeprozess, bei dem der gesamte Stoff mit Farbstoff durchtränkt wird, handelt es sich bei diesem Druckverfahren um ein partielles Einfärben, das bei der Produktion gemusterter Stoffe zum Einsatz kommt. Dies erfordert andere Farbstoffzusammensetzungen als beim Färben.

Naturfarbstoffe spielen im industriellen Textildruck aktuell keine Rolle

Dies wollen die Projektbeteiligten ändern, denn biobasierte Textilfarbstoffe sind biologisch abbaubar und haben insbesondere in der Verarbeitung und Entsorgung ein großes Nachhaltigkeitspotenzial. Schließlich ist die Entfernung von Rückständen synthetischer Farbstoffe aus Abwässern enorm aufwändig, gleichzeitig zählt die Textilveredlungsindustrie zu den größten Abwasserproduzenten überhaupt. Der vermehrte Einsatz von Pflanzenfarben ist mit einer Wiederbelebung des Anbaus von Färbepflanzen außerdem auch aus Biodiversitätsgründen interessant.

Krapp, Reseda, Cochenille (Schildlaus), Blauholz, Gelbbeere und Jasminblüte

Diese Färbepflanzen kristallisierten sich als sinnvolle Farbstofflieferanten heraus, die gemeinsam mit ökologisch vertretbaren, schwermetallfreien Beizmitteln eingesetzt wurden. Mit diesen Rohstoffen experimentierten die Forscherinnen, um die optimalen Rezepturen im Hinblick auf die Qualitätsmerkmale Farbtiefe, Schweiß-, Wasch-, Reibungs- und Lichtechtheit herauszufinden. Jeweils zwölf Farbtöne für Seide und Modal zeichneten sich durch besonders gute Eigenschaften aus und wurden auf zwei Farbkarten veröffentlicht.

Upscale-Versuche

In Upscale-Versuchen konnten mit diesen Farben bis zu 100 m lange Stoffbahnen im industriellen Rotationsdruck bedruckt werden. Um eine optimale Schweiß- und Wasserechtheit und beste Farbqualitäten zu erzielen, ist bei Seide allerdings eine Vorbeize nötig. Die Vorbeize stellt einen zusätzlichen Arbeitsschritt gegenüber dem Drucken mit synthetischen Farben dar. Sowohl auf Seide als auch auf Modal wird ein sehr harmonisches Farbspiel ermöglicht, lediglich die Farbintensität ist auf Modal etwas reduzierter.

Die Designkomponente war ein integraler Bestandteil des Projektes Organic Prints. Mit dem Entwurf einer ästhetisch anspruchsvollen Farbpalette und der damit gestalteten Kollektion wollten die Projektpartner das hohe Potenzial der Naturfarben verdeutlichen. Diese erzeugen keine standardisierten Farben, die nach klassischen Systemen wie CMYK oder RGB mischbar sind, sondern werden nach einem neuen, eigenen System anhand der Farbkarte für das individuelle Colorieren der Stoffe eingesetzt.

„Organic Prints"

Das Vorhaben „Organic Prints – Entwicklung von industrietauglichen Druckfarben und Druckverfahren auf der Basis von Naturfarbstoffen und natürlichen Komponenten“ wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert.

Der Projektpartner Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle wird das Projekt „Organic Prints“ sowie gesammelte Erfahrungen und Ergebnisse des Projektes weiterhin auf der Internetseite der Burg im Fachbereich Textildesign unter der Rubrik „Forschung“ präsentieren.