09.12.19 – Zeitlose Schönheit statt kurzfristige Hypes — read English version

DMI Trendprognosen Herbst/Winter 2020/21

Die Branche steht vor großen Herausforderungen. Den einen großen Trend gibt es schon lange nicht mehr. Vielmehr braucht es viele Bausteine für eine glaubwürdige Kollektion.

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© oksanazahray/stock.adobe.com

 

„Wenn eine Marke ‚außer Mode‘ kommt, dann ist das kein Schicksalsschlag. Nachvollziehbarer ist, dass sie augenblicklich den Bezug zur Gegenwart, zum Momentum des Marktes, verloren hat“, sagt Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts (DMI).

Trendforscher Carl Tillessen ergänzt: „Die Unternehmen, die jetzt durchstarten, sind nicht die, die denken, sie könnten immer noch einfach nur geile Klamotten machen.“ Größte Aufmerksamkeit erhält derzeit zweifelsohne das Thema Nachhaltigkeit. Doch Tillessen nennt darüber hinaus noch weitere Aspekte, zum Beispiel den Themenkomplex Animal Cruelty, das heißt Verzicht auf Angora, auf Mulesing oder Echtleder. „Am populärsten ist natürlich der Verzicht auf Echtpelz“, so Tillessen. „Früher konnten sich Modemarken auf den Standpunkt stellen: Wenn jemandem unsere Ethik nicht gefällt, braucht er unsere Sachen ja nicht zu kaufen. Heute hingegen könnte dieser jemand auf Social Media einen Shitstorm auslösen, der die Modemarke viel Geld kostet. Als besonders heikel hat sich in diesem Zusammenhang das Thema Rassismus erwiesen.“

Feminin – maskulin

Die Me-Too-Debatte habe nicht nur unser Frauenbild, sondern auch unser Männerbild verändert. Es braucht Kollektionen für Frauen, die es nicht mehr nötig haben, ihre Sexualität einzusetzen, um im Leben voranzukommen. „Die Mehrheit der Männer empfindet die Neuordnung der Geschlechterrollen keineswegs als Bedrohung, sondern als Befreiung.“ Nicht nur in Bezug auf ihr veraltetes Frauen- und Männerbild sei die Mode in den letzten Jahren in die Defensive geraten. Das gelte besonders für das Thema Nachhaltigkeit. „Eine Generation, die man noch gar nicht auf dem Schirm hatte, hat das Thema aufgegriffen und alle anderen mitgerissen.“

Ruhe und Balance

DMI-Farbexperte Niels Holger Wien zeigt die neuen Farbwelten. „Mode reagiert auf die multioptionale Entwicklung unserer Gesellschaft. Ihre Farbwelten illustrieren unser Bedürfnis nach Sichtbarkeit und expressiver Selbstinszenierung sowie auch eine wachsende Suche nach Langlebigkeit und zeitloser Schönheit.“

„Zurückhaltende Klassiker werden aufgedreht mit intensiven Zwischentönen. In sachlichen Graus und Beiges wird Reduktion auf die Spitze getrieben. Irisierende Effekte verfremden kosmische Pastelle und mystische Darks. Purpurvioletts zeigen Avantgarde-Anspruch. Wir erleben Natur in Bewegung. Kontraste werden verstärkt. Sensibilität zu zeigen, wird zum Statement. Ruhe und Balance in Farben und Materialien wirken jetzt als Provokation. Weiche Farben, Beige in tonigem Layering, neutralisierte Pastelle, Brauntöne dunkler Foundations bestimmen eine neue Basis.“

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