14.11.24 – Projekt von Gebr. Otto und ITA Augsburg
Baumwollgarn aus abgelegten Textilien
Ein Baumwollgarn, das zur Hälfte aus Alttextilien besteht: Daran arbeiten die Dietenheimer Spinnerei Gebr. Otto und das Recycling Atelier des ITA Augsburg. Das Entwicklungsprojekt wird seit diesem Herbst durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.
Deutschland ist dank seiner Alttextilien ein rohstoffreiches Land. Bisher bleibt dieses Ressourcenreservoir noch schlecht genutzt, wie Dr. Georg Stegschuster, Leiter des Recycling Ateliers des Instituts für Textiltechnik in Augsburg (ITA), erläutert: „Derzeit landen knapp dreiviertel der 1,6 Millionen Tonnen Alttextilien auf der Deponie oder werden verbrannt. Gerade mal ein Prozent der Alttextilien kommt in einem geschlossenen Kreislauf, das heißt, aus einem alten Shirt wird ein neues. Unser Ziel muss es sein, diesen Anteil deutlich zu erhöhen“, betont Stegschuster
Ähnlich sieht das Gebr. Otto – und zahlreiche weitere Textilunternehmen in Deutschland: In der Dietenheimer Spinnerei treffen regelmäßig Anfragen von Kunden ein, die maßgeschneiderte Kreislauflösungen suchen, für technische Garne genauso wie für Baumwolle.
Nicht so schnell das Handtuch wegwerfen
Das Projekt, das Gebr. Otto nun mit dem Recycling Atelier des ITA angeht, befasst sich mit dem Otto-Leitprodukt: Baumwolle. Gesucht wird eine Kreislauflösung für ein Handtuch. Aus ausgedienter Frottierware sollen erneut Fasern gewonnen und diese zu einem Baumwollgarn versponnen werden. Am Ende soll ein neues Handtuch entstehen.
Seit Frühsommer 2024 arbeiten die Projektpartner daran, ein sogenanntes PCR-Baumwollgarn herzustellen. PCR steht für Post-Consumer-Recycling, also von ausgedienten, benutzten Textilien. Dieses Garn soll zur Hälfte aus wiederaufbereiteten Fasern bestehen und eine mittlere Feinheit aufweisen, wie sie für ein Handtuch ideal ist.
Hand(tuch)feste Vorteile
Eine Machbarkeitsstudie des Recycling Ateliers hat ergeben, dass ein solches Garn technisch zu realisieren ist. Die Augsburger Textilexperten haben außerdem dargestellt, wie groß die wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile eines solchen Garns aus PCR-Baumwolle sind. Georg Stegschuster erklärt: „Um Baumwolle anzubauen, braucht es sehr viel Wasser. Im Durchschnitt fließen 10.000 Liter Wasser in ein Kilo neuer Baumwollfasern. Arbeiten wir ausschließlich mit wiederaufbereitete Baumwollfasern, liegt der Wasserverbrauch bei einem Bruchteil dessen: bei 600 Litern.“
Weitere Vorteile sind in punkto Energieverbrauch und CO2- Äquivalenzwert zu erwarten. Bei einem recycelten Baumwollgarn, das ausschließlich auf Alttextilien basiert, liegen die Werte bei einem Zehntel dessen, was für ein neues Baumwollgarn nötig wäre.
Potenzial trifft Praxis
Derzeit entwickelt und verfeinert die Projektgruppe die notwendigen Prozesse. Am Anfang steht das mechanische Textilrecycling: Dazu gehören insbesondere das Schneiden und Reißen des ausgedienten Textils, damit neue Fasern entstehen können. Ein weißes Handtuch ist ein sortenreines Produkt, und lässt sich vergleichsweise leicht in seine Einzelteile zerlegen.
Gebr. Otto entwickelt die entsprechende Spinnereivorbereitung und den Prozess zum Verspinnen der recycelten Fasern. Die weisen andere Eigenschaften auf als neue Rohware. Insbesondere sind die recycelten Fasern deutlich kürzer. Sie haben eine andere Oberflächenstruktur und dadurch andere Haft- und Gleiteigenschaften als die neue Rohware, mit der sie beim Spinnen kombiniert werden.
Die ersten Tests sind gut verlaufen. Otto-Geschäftsführer Andreas Merkel: „Wir gehen davon aus, dass wir mit unserer Mischung in der geforderten Feinheit ein gutes Ergebnis erreichen.“ Wie die Neuentwicklung am Ende bei den Kunden ankommt, hängt von ihrer Qualität ab und wie sie zu verarbeiten ist. „Da darf sich ein Garn mit hohem Recyclinganteil nicht von einem Baumwollgarn aus 100 Prozent neuen Rohstoffen unterscheiden.“