01.12.20 – Mittelstand vernachlässigt Vorbereitungen — read English version

Setlog: Brexit und die Zollabwicklung

Der Mittelstand vernachlässigt die Vorbereitungen für Zollabwicklung. Ralf Düster, SCM-Fachmann von Setlog, rät Versendern, sich um das Thema zu kümmern.

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Weil Großbritannien ab Januar 2021 nicht mehr EU-Mitglied ist, müssen sich exportorientierte Unternehmen um die Zollabwicklung kümmern. © brainwashed 4 you/stock.adobe.com

 

Waren, die nicht abgeholt werden und volllaufende Lager: Vor diesem Szenario warnen Experten diejenigen Unternehmen, die Waren aus der EU nach Großbritannien senden und sich vor dem Hintergrund des Brexits noch nicht um das Thema Zollabwicklung gekümmert haben.

  • Wenn Zollunterlagen fehlen, bleibt die Ware liegen.

  • Themen Freihandelsverträge und Drittlandszoll sind weiterhin ungeklärt.

Ralf Düster, Vorstandsmitglied des Bochumer SCM-Softwareanbieters Setlog:

„Es ist egal, was die Politik in den nächsten Wochen noch beschließt oder nicht: Der Brexit ist vollzogen, die Übergangsphase endet am 31. Dezember. Deshalb ist das Thema Zollabwicklung sowohl für Versender als auch für Empfänger von Waren zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich relevant. Wer sich darauf noch nicht vorbereitet hat, muss in den nächsten Wochen handeln. Abwarten und Tee trinken – ist das falsche Motto in diesem Zusammenhang.“

Der SCM-Experte weiß aus Gesprächen mit vielen Kunden, die ihre Lieferketten mit Setlogs SCM-Software OSCA steuern, dass sie im Bereich Zoll Know-how aufgebaut haben und auf Logistikdienstleister setzen, die über eine IT-Infrastruktur zur effizienten Zollabwicklung verfügen.

  • Neben zahlreichen gut vorbereiteten Firmen gibt es auch einige, die jetzt handeln müssen.

  • Speziell Kleinunternehmen, die bisher ausschließlich im europäischen Binnenmarkt gewirtschaftet haben, verfügen über wenig Wissen im Zollbereich.

Düster rät den Unternehmen, zu kontrollieren, inwieweit ihre Lieferketten vom Brexit betroffen sind und dann die notwendigen Informationen und Dokumente für eine Zollabwicklung zusammenzustellen, damit Logistikdienstleister die Ein- und Ausfuhrzollformalitäten durchführen können.

  • Teil dessen ist unter anderem die Nummer des Economic Operators’ Registration and Identification (EORI).

  • Außerdem muss eine Vollmacht der Importeure für die Sendungsabwicklung von und nach Großbritannien vorliegen.

Viele Spediteure haben Checklisten für ihre Kunden in Sachen Zollabwicklung erstellt. Nur wenn alle Informationen und Unterlagen vorbereitet sind, kann der Warentransport beginnen. Andernfalls wird sich das Gros der Spediteure gar nicht erst auf den Weg machen.

Ralf Düster:

„Ab Januar gibt es keine Ausnahmeregelungen oder Übergangsfristen. Fehlende Infos und Unterlagen können auch nicht nachträglich zur Verfügung gestellt werden.“

Auch für die gut vorbereiteten Firmen gilt: Wegen der erforderlichen Zollabwicklung wird der Warenverkehr zwischen EU-Ländern und dem Vereinigten Königreich ab 2021 komplexer, zeitlich aufwändiger und damit auch teurer. B2C-Sendungen werden sich wegen der Zollvorschriften verteuern, auch wenn bis zu einem bestimmten Produktwert Vereinfachungen gelten. „Jeder Versender muss die Kernfrage beantworten, ob unter diesen Voraussetzungen noch alle Geschäftsmodelle Sinn machen“, rät Düster.

Die Versorgung der EU-Länder vom Vereinigten Königreich aus wird 2021 zeitintensiver und kostspieliger

Einige Unternehmen haben schon frühzeitig Konsequenzen gezogen: Sie verlagerten ihre Distributionsaktivitäten kurzerhand auf den europäischen Kontinent. Exportorientierte EU-Unternehmen plagt zudem die Unsicherheit über noch offene Handelsabkommen Großbritanniens mit anderen Ländern. Die Briten arbeiten mit Hochdruck daran, die EU-Handelsverträge in neue, bilaterale Abkommen zu verwandeln.

  • Zu den Ländern mit noch ungeklärten Abkommen zählen unter anderem Mexiko, Singapur und die Türkei.

  • Auch mit der Schweiz sind noch Fragen zu klären.

  • Offen ist auch noch das Thema Drittlandszoll.

Beispiel: Importiert ein Unternehmen aus der EU Waren aus einem Drittland und entrichtet bei der Verzollung zum freien Verkehr den Drittlandszoll, so ist es nicht geklärt, ob für den Transport und das Verbringen dieser Ware nach Großbritannien noch einmal Zoll entrichtet werden muss. „Um auf Nummer sicher zu gehen, kann das bedeuten, dass Waren, die aus Drittländern über die EU nach Großbritannien gebracht werden sollen, besser erst unverzollt in ein offenes Zolllager (OZL) eingelagert und dann weitertransportiert werden“, sagt Setlog-Vorstand Düster. Ein ähnliches Vorgehen wäre auch für den Transport der Waren in die andere Richtung ratsam. „Wenn insbesondere einige britische Politiker weiterhin so langsam und unbelehrbar agieren, drohen Unternehmen auf beiden Seiten des Kanals unter Umständen Millionen von Kosten und Gebühren.“

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