08.12.22 – GermanFashion Consumer Panel 2022

Deutsche Modekunden entscheiden nach sachlichen Kriterien

Der Modeverband GermanFashion untersucht einmal jährlich das Kaufverhalten der deutschen Verbraucher in Bezug auf Bekleidung. Die Studienergebnisse wurden jetzt im GermanFashion Consumer Panel veröffentlicht.

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Die großen Fast-Fashion-Ketten verlieren beim Verbraucher im Vergleich zu 2020 um 6 Prozentpunkte. © Monkey Business/stock.adobe.com

 
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„Wie bereits in den Vorjahren bemerken wir, dass bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern nach wie vor rationale Entscheidungskriterien im Vordergrund stehen. Nach dem wichtigsten Merkmal, ‚gute Passform‘, nennen die Kunden nun auf Platz 2 erstmalig das ‚gute Preis-Leistungs-Verhältnis‘. Dieser Trend wird sich sicherlich fortsetzen, da viele Konsumenten den Gürtel enger schnallen müssen“, erklärt Gerd Oliver Seidensticker, Präsident von GermanFashion. © Seidensticker

 

Passform und Preis-Leistung wichtigste Auswahlkriterien

Für deutsche Fashionkonsumenten stehen nach wie vor sachliche Kriterien bei der Auswahl ihrer Kleidung im Vordergrund: So bezeichnen sie an erster Stelle eine gute Passform (96 %) als wichtig oder eher wichtig. Weitere zentrale Auswahlkriterien sind an zweiter Stelle ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis (95 %) sowie auf Platz 3 Bequemlichkeit und Komfort (94 %). Während 2020 den Kunden mit 46 % noch neuestes Design und Trends wichtig waren, so ist dies rückläufig bei 43 %.

Demgegenüber rückt die „Verwendung von natürlichen Materialien“ mit 63 % (ggü. 2020 + 3 %-Pkt.) weiter ins Bewusstsein – auch wenn es nicht unbedingt „bio“ sein muss.

Ebenso gewinnt Nachhaltigkeit an Bedeutung. So ist es 77 % der Befragten wichtig, dass auf Ausbeutung der Menschen in den Produktionsländern verzichtet wird (2020 74 %) und 71 % präferieren eine nachhaltige und umweltfreundliche Herstellung (2020 69 %).

Fast-Fashion-Anbieter verlieren in der Gunst der Kunden

Die großen vertikalen Anbieter und Fast-Fashion-Ketten sind mit aktuell 45 % weiterhin die meistgenutzten Handelsformen bei den Verbrauchern. Im Vergleich zu den Vorjahren ist deren Nutzung von 51 % in 2020 um deutliche 6 %-Punkte rückläufig. Sie bedienen eher ein jüngeres Publikum.

Der an zweiter Stelle liegende „Fachhandel vor Ort“ zeigt sich stabil mit 42 % (2020 und 2021 43 %). „Der Fachhandel vor Ort bedient eine treue Kundschaft, die wenig Abwanderungstendenz zeigt. Ein sehr großer Vorteil dieses Vertriebskanals ist seine Beliebtheit über alle Altersgruppen hinweg“, erklärt Gerd Oliver Seidensticker.

„Fashion-Anbieter, welche die jungen Konsumenten erreichen wollen, brauchen gute Vertriebskonzepte“, fasst Prof. Dr. Duncker die Sachlage zusammen. „Die 18- bis 29-jährigen verwenden durchschnittlich 6 verschiedene Handelsformen – parallel. Online und offline gleichermaßen. Hier sind echte Multi-Channel-Konzepte erforderlich, die die jungen Modekonsumenten dort abholen, wo diese ihre Kleidung suchen und kaufen“. Dabei sollten auch die klassischen Formen des Präsenzhandels nicht aus den Augen verloren werden: Diese werden gerade von jüngeren Konsumenten überdurchschnittlich häufig aufgesucht. Dort erfahren sie Inspiration und Information gleichermaßen.

Second Hand und Online: Der Kunde ist hybrid

Auch wenn die stationären Handelsformen von den deutschen Modekonsumenten am häufigsten genutzt werden, gehören die Online-Vertriebskanäle ebenfalls zu den bevorzugten Einkaufsstätten. Im Vergleich zu den Vorjahren zeigen Sie ein leichtes Plus. An erster Stelle stehen mit 41 % die Universalanbieter wie Otto oder Amazon. Mode-Portale wie Zalando oder About You legen im Vergleich zum Vorjahr zu (von 36 % in 2021 auf 40 % in 2022).

Erneut zugelegt hat der Second-Hand-Markt. Der Kauf von Second-Hand-Ware im stationären Handel ist gegenüber 2021 um +2 %-Punkte auf 19 % gestiegen, über Internet-Portale ist er stabil geblieben. Auch diese Kanäle werden überdurchschnittlich häufig von jungen Käuferschaften genutzt. Hier liegt demnach der Schluss nahe, dass sich insbesondere junge Kunden von den Fast-Fashion-Ketten hin zum Second-Hand-Markt orientieren. „In Zeiten von Unsicherheit und Krise erhält der Second-Hand-Handel Auftrieb und rückt stärker in den Fokus“, erläutert Thomas Lange, Hauptgeschäftsführer von GermanFashion. „Dahinter verbirgt sich vermutlich einerseits der Wunsch nach günstiger, werthaltiger Kleidung. Möglich ist aber auch ein stärker werdendes Markenbewusstsein der jüngeren Zielgruppen.“

Glaubwürdig vor allem durch Qualität

Nach wie vor ist eine Bekleidungsmarke für die deutschen Konsumenten vor allem dann glaubwürdig, wenn sie eine verlässlich hohe Qualität bietet. Dies bleibt mit 66 % Zustimmung das zentrale Zeichen für Glaubwürdigkeit. Wichtig ist weiterhin ein aufrichtiges Leistungsversprechen (51 %) und Authentizität (35 %). „Vernunft, Vertrauen und Sicherheit – dies sind die drei Kernbedürfnisse der deutschen Modekonsumenten“ fasst Prof. Dr. Duncker die Sachlage zusammen.

„Siegel ist für die Verbraucher nicht gleich Siegel“, betont Thomas Lange. „Ihnen ist es mit knapp 30 % relativ wichtig, dass das Produkt die Einhaltung von fairen Arbeitsbedingungen garantiert, die Umwelt schützt rund 25 %, während biologisch gewonnene Rohstoffe auf knapp 20 % kommen. Diese Einstellung zeigt sich stabil über die letzten drei Jahre“, erläutert RA Thomas Lange.

Die abgefragten Nachhaltigkeitskriterien werden von Frauen häufiger als wichtig bezeichnet. Männer zeigen sich in diesem Zusammenhang deutlich zurückhaltender (- 5 %-Pkt.). „Schaut man sich jedoch das tatsächliche Einkaufsverhalten beider Geschlechter an, so kaufen Frauen faktisch deutlich häufiger neue Kleidungsstücke, und zudem auch deutlich häufiger bei Fast-Fashion-Anbietern. Männer sind hingegen eher Markenliebhaber. Sie kaufen ihre Kleidung zwar seltener, dafür aber hochpreisiger und mit einer höheren Orientierung an die Qualität der Kleidung“, erklärt Prof. Dr. Duncker.

Bekleidungsgeschäfte als Modeinformationsplattform

Mit knapp 40 % informieren sich Fashion-Konsumenten in den Bekleidungsgeschäften vor Ort – dies ist weiterhin die am häufigsten genannte Informationsquelle in Sachen Mode. „Mit einem guten Service vor Ort kann die Industrie den Handel unterstützen, um diesen Vorteil bestmöglich zu nutzen und aus Informationssuchenden Käufer machen“, erklärt Gerd Oliver Seidensticker.

Auf Rang zwei der Informationsquellen fungieren die Websites der Bekleidungshändler. Heute nutzt jeder Vierte (25 %) diese Informationsquelle (ggü. 2020 + 1 %-Pkt.).

Wichtig sind ebenso Gespräche mit Freunden und Bekannten (WOM): Mit 23 bis 24 % nutzt knapp jeder Vierte diese Gespräche, um „sich auf dem Laufenden“ zu halten.

Die Verwendung digitaler Informationsangebote zeigen in den vergangenen Jahren keine eindeutige Entwicklung. Festzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass die Entwicklungen nicht mehr eindeutig positiv sind, wie in den vergangenen Jahren.

Recycelte Stoffe unwichtig für den Verbraucher

Während die Fashionbranche immer mehr recycelte Stoffe in ihren Kollektionen verarbeitet, ist dies dem Verbraucher derzeit noch relativ unwichtig. Lediglich 7 % präferieren recycelte Naturfaser. Mit 4 % sind recycelte Kunstfaser das Schlusslicht der bevorzugten Bekleidungsmaterialien. „Die klare Präferenz der Verbraucher liegt mit stabilen 53 % auf Baumwolle als Material der Wahl, wobei sich auch Biobaumwolle rückläufig zeigt, was sich mit der Aussage nach der Relevanz von Siegeln in diesem Bereich deckt“, erläutert Thomas Lange.

Nach der Baumwolle stehen weiterhin bequeme Stoffe, wie Stoffe mit Stretch, Mischgewebe und elastische Stoffe, wie beispielsweise Jersey, auf der Einkaufsliste der deutschen Modekonsumenten weit oben. In diesem Fall decken sich die Aussagen zu den Auswahlkriterien von Bekleidungsstücken: Passform und Bequemlichkeit sind am besten durch die Verwendung dieser Textilien zu erreichen.