03.04.18 – Fashion Week Berlin — read English version
Das Besondere steht im Fokus
Die Fashion Week Berlin vom 16. bis 18. Januar 2018 zeigte deutlich, dass die deutsche (Mode-)Hauptstadt noch immer im Umbruch ist.
Die beiden Zugpferde für nachhaltige Mode, Ethical Fashion Show und Green Showroom sind vom Funkhaus ins stillgelegte Kraftwerk in Berlin Mitte gezogen. Längst schon haben sie sich etabliert und werden neben Händlern, die hier gezielt nachhaltige Mode suchen, auch genutzt um einen neuen Look und frische Marken zu finden.
Im Kraftwerk haben parallel dazu die Konferenz-Formate FashionSustain und Fashiontech ihren Platz gefunden, die von der Premium Messe in Kooperation mit der Messe Frankfurt organisiert wurden. Der Riesenandrang an beiden Veranstaltungstagen bestätigte die gute Idee dieser Zusammenlegung. Ebenfalls umgezogen ist die Selvedge Run, Plattform für authentische Menswear Brands vor allem aus dem Denim- und Lederbereich, und findet nun im Marshall-Haus in unmittelbare Nähe zur Panorama Messe statt.
Das Zusammenrücken der Veranstaltungsorte wurde von Händlern und Besucher insgesamt positiv bewertet, da damit die aufwändigen Reisezeiten gemildert werden konnte - letztendlich dient (auch) dies der Nachhaltigkeit.
Tendenz zum Crossover
Die einzelnen Messen stecken indessen nicht in ihren Nischen fest, sondern zeigen Vielfalt. So präsentierte z.B. das Tettnanger Label Vaude - ein deutscher Produzent für Bergsportausrüstung, seine Kollektion auch auf der Ethical Fashion Show und fand hier aufgrund seiner nachhaltigen Angebot auch recht großen Zulauf. Maloja, ein weiterer Hersteller von funktioneller Sportbekleidung und Streetwear mit Sitz im bayerischen Rimsting, stellte im Rahmen der „Outdoor Aesthetics“ auf der Bright aus, einer Messe, auf der sich sonst eher Skater tummeln.
Blick auf die Stickerei
Nach wie vor setzen viele Labels sehr bewusst auf die Stickerei, etwa 80er und 90er-like sehr plakativ mit großen gestickten und applizierten Logos, es gibt aber auch sehr dezente und edle Umsetzungen. Die Qualität der gestickten Details ist gestiegen und es gab zahlreiche durchdachte und hochwertige gefertigte Muster zu sehen. Auch wird insgesamt mehr Wert auf die Details und einen gekonnten Mix der Garnarten und Stickereitechniken gelegt. Auf der Premium fiel hier das niederländische Label Blake Seven mit hochwertig und vielseitig bestickter DOB besonders auf – made in Europe. Auch auf der Seek konnten herausragende und besondere Labels gefunden werden, etwa die cool bestickten Kappen der Firmen Dad’s Cap oder Brosbi. Auf gestickte Eyecatcher in sehr hochwertiger Ausführung setzt etwa das Label Wemoto aus dem hessischen Hofheim und zeigt für Winter 2018 große gestickte Tierköpfe, auch für den Frühling 2019 sind wohl großformatige Stickmotive geplant.
Ebenfalls großflächige Motive zeigen der englischen Firma Hymn sowie des Berliner Labels AMH, das groß gestickte Flugzeuge über die edlen Oberteile fliegen lässt. Die Frankfurter Firma Up-Stick-Sticker bietet DOB Kollektionen mit ausgewählten Stickmotiven, aber auch die Möglichkeit „giant patches“ separat zu kaufen und auf individuelle Kleidungsstücke aufzubügeln und bietet dazu zahlreiche detailverliebte Stickmotive an.
Beeindruckende Kooperation
Eine beeindruckende Kooperation wurde auf der Ethical Fashion Show präsentiert: Das Team um Marco Voigt von der Berliner Agentur Green Window hilft traditionellen und etablierten Marken zu neuen Wegen, um ein gutes (nachhaltiges) Gewissen mit einem coolen und modernen Lifestyle kombinieren zu können. Ein aktuelles Beispiel ist die Zusammenarbeit mit Trigema. Es entstand eine auf 1000 Stück limitierte Kollektion von Polo-Shirts, die sofort durch einen sehr modernen Schnitt und aufwändige Details auffallen. Kontrastpaspeln an Ärmeln und Knopfleiste, schlanker Schnitt, edle Stickerei in Retro-Optik und Baumwolle aus nachhaltigem Anbau. Hergestellt wird das Shirt zu 100 % im schwäbischen Burladingen.
Gute Stimmung
Ob bei den Fashion Shows, zum Beispiel bei der stimmigen 80er Jahre Glamour Präsentation von Marc Cain im stillgelegten U-Bahn Schacht am Potsdamer Platz oder bei den Schauen im E-Werk, die Stimmung war gut, die neuen Looks belegen, die Branche will weg vom Einheitsbrei, hin zu überraschenden Statements und einer eigenen Handschrift. Gut so!
Reiner Knochel