26.03.20 – Robotik in der Textilindustrie – Teil 2 — read English version

Programmierung von Robotern

Damit Industrieroboter nach Lieferung die ihnen zugetragenen Aufgaben ausführen können, ist eine Programmierung des Robotercontrollers notwendig.

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Roboterbewegungen können durch das Führen des Roboterkopfes angelernt werden. © Franka Emika GmbH

 

Nachdem im Teil 1 der Serie auf die Randbedingungen und aktuelle Entwicklungen der Robotik in der Textilindustrie eingegangen wurde, beschäftigt sich nun dieser Teil mit der Programmierung der Industrieroboter.

„Programmierung von Roboter“ – was bedeutet das?

Die Roboterprogrammierung ist die Definition der gewünschten Bewegungen in Position und Orientierung des Roboterkopfes, so dass der Roboter sie ohne menschlichen Eingriff ausführen kann. Grundsätzlich lassen sich die Programmierung in On- und Offline-Methoden unterscheiden. Bei der Online-Programmierung besteht eine direkte Verbindung zur Robotersteuerung.

Für die Programmiertätigkeiten muss der Roboter hierzu aus dem Prozess genommen werden, woraus eine Unterbrechung der Produktion resultiert. Auf der anderen Seite existiert das Offline-Programmieren. Das Programm kann ortsunabhängig vom Roboter erstellt bzw. modifiziert werden.

Der Roboter kann seine aktuellen Aufgaben weiterhin übernehmen. In der Praxis vermischen sich diese beiden Verfahren. So kann das Programm z. B. offline im Büro erstellt und vorbereitet werden. Nach der Übertragung auf die Robotersteuerung kann es im nächsten Schritt online programmiert (auch „teachen“ genannt) und an die genauen Gegebenheiten vor Ort angepasst werden. Die Programmierung kann auf verschiedenen Ebenen betrachtet werden: Durch die Vielfalt an Sensorik, z. B. Kamerasysteme, Kraft-Momentsensoren, Vision-Sensoren, verschiedene Schnittstellen steigen der Komplexitäts- und Schwierigkeitsgrad der Programmierung.

Industrieroboter wurden ursprünglich in einer textuellen Syntax (Programmiersprache) programmiert. Dabei besitzt so gut wie jeder Hersteller eine eigene Programmiersprache mit festgelegten Befehlssätzen. Es existieren sowohl Befehle für Bewegungen als auch zur Ansteuerung der Peripherie, z. B. des Greifers. Das Wissen um die Spezifika der jeweiligen Programmiersprachen war bislang hochspezialisierten Roboterprogrammieren vorbehalten. Diese Programmierer haben sich selbst auf wenige Roboterhersteller intensiv eingearbeitet. Hohe Stundensätze und Wartezeiten auf deren Verfügbarkeit bremsen die Inbetriebnahme oder Umprogrammierung von Robotersystemen aus. Es ist der Trend erkennbar, dass neue Methoden die Programmierung von Industrieroboter einem größeren Nutzerkreis zugänglich machen.

Ein klassisches Online-Verfahren ist das Teachen. Dabei wird über Einzelachstasten auf dem Teachpult der Roboter in die gewünschte Position verfahren und die Positionen gespeichert. Es existieren auch verschiedene Modi, die Bewegungen auszuführen, z. B. die Einzelachsbewegung (Joint), Linear- oder Kurvenbewegungen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Genauigkeit und Geschwindigkeit.

Eine weitere Methode zur schnelleren Inbetriebnahme ist das Vormachen bzw. die Durchführende Programmierung von Bewegungsabläufen. Der Bediener führt den Roboter durch den gewünschten Bewegungsablauf. Die einzelnen Bewegungen werden gespeichert und können danach automatisch wiedergegeben werden. Das Führen des Roboters kann dabei über das Teachpult, das manuelle Führen des Roboterkopfes erfolgen. Weitere Methoden entwickelte das Unternehmen Wandelbots GmbH aus Dresden.

Methoden zur Programmierung von Robotern

Mit einer mit Sensorik bestückten Jacke bzw. mit Hilfe eines Sensorstiftes werden die Bewegungen vorgemacht. Eine Software generiert daraus die Positionierbefehle, welche an den Roboter übertragen werden. Roboterhersteller selbst und weitere Unternehmen haben erkannt, dass der Bedarf nach vereinfachter Programmierung und Inbetriebnahme unter den Kunden existiert. Die Merkmale für eine vereinfachte Programmierung sind z. B. der Einsatz von grafischen Programmieroberflächen, Assistenten und Wizards sowie der Einsatz von Drag- and Drop-Funktionalitäten, Herstellerunabhängigkeit und Standard-Funktionsblöcke für bestimmte Tätigkeiten.

Die grafische Methode ist ein alternatives Vorgehen zur textuellen Programmierung. Statt dem Erstellen von textuellen Ablaufbeschreibungen können Bausteine in einer grafischen Entwicklungsumgebung platziert und miteinander verschaltet werden. Gerade für Einsteiger in die Roboterprogrammierung bietet dies einen einfachen und schnellen Zugang. Ein Beispiel dafür ist die Programmieroberfläche des Herstellers Franka Emika GmbH, München, in welcher die Programmbausteine puzzleartig aneinander platziert werden.

Sollen Roboter im Laborumfeld angesteuert werden, bietet sich das grafische Programmiersystem LabView von National Instruments (NI), Austin, Texas, an. Es ist in der Mess-, Steuer-, Regel- und Automatisierungstechnik weit verbreitet. Die Programmierung erfolgt datenflussbasiert durch das Verdrahten von grafischen Funktionsbausteinen. Für die Ansteuerung von Robotern existieren Bibliotheken (z. B. von LabView oder der DigiMetrix GmbH, München), um Steuerbefehle an Roboter zu senden, Positionen auszuwerten oder periphere Komponenten (z. B. Sensoren und Greifer) anzusteuern.

LabView am STFI

Am Sächsischen Textilforschungsinstitut (STFI) e. V. wird LabView ebenfalls eingesetzt, um die Roboter in einer grafischen Umgebung zu programmieren. Am Markt sind weitere Unternehmen aktiv, welche sich auf die flexible Programmierung spezialisiert haben, z. B. die drag and bot GmbH aus Stuttgart. Die Programmausführung erfolgt dazu in einer eigenen Ablaufumgebung, welche Steuerbefehle an den Roboter sendet.

Eine weitere Plattform, welche die Vereinheitlichung und Standardisierung der Programmierung vorantreiben möchte, ist das Open Source Framework ROS Robot Operating System des ROS Industrial Consortium Europe bzw. des Fraunhofer IPA. Es ist eine browserbasierte Entwicklungsumgebung und bietet zahlreiche cloudbasierte Dienste, wie z. B. Sprach- und Bilderkennung für Roboter.

Da Roboter häufig in größeren Anlagen integriert werden, ist die Kommunikation zur Anlagensteuerung (Speicherprogrammierbare Steuerung SPS) essenziell. Dies erfolgt in der Regel über Feldbusschnittstellen. Dazu benötigt man jeweils mindestens einen Programmierer für die SPS und einen Programmierer für den Roboter. Die Möglichkeit, den Roboter ebenfalls in der Entwicklungsumgebung der SPS zu programmieren, bietet den Vorteil, dass die Programmierung des „Gerätes“ Roboter ebenfalls durch den SPS-Programmierer erfolgen kann.

Unterstützung durch CAD-Programme

Eine weitere Möglichkeit der Programmierung ist die Unterstützung durch CAD-Programme. Es existieren Simulationsumgebungen von den Roboterherstellern, aber auch Produkte von Drittanbietern, z. B. von Visual Components Oy, Espoo, Finnland. Bei Neuanlagen stehen die Konstruktionsdaten im CAD-Format zur Verfügung. Mit Hilfe dieser Daten lassen sich die Anlagen virtuell abbilden. Auch lassen sich die Pfade direkt aus Konstruktionsdateien der Produkte ableiten. Ein weites Feld bei der Anwendung, beginnend bei Machbarkeitsanalysen, Dimensionierung und Inbetriebnahme bieten Simulationsumgebungen. Roboter können in virtuellen Umgebungen platziert und die Abläufe erstellt und direkt auf Kollisionen und Taktzeiten getestet werden. Post-Prozessoren ermöglichen den Export des Codes. Dieser kann dann ohne weitere Bearbeitung in die Robotersteuerung geladen und getestet werden.

Fazit

Zusammenfassend kann man feststellen, dass Programmiermethoden für verschiedenste Anwendungsfälle existieren. Die Auswahl einer Methode hängt von der Komplexität der Applikation sowie von den Fähigkeiten des Bedieners bzw. Programmierers ab. Die Roboterhersteller selbst und weitere Unternehmen haben erkannt, dass der Bedarf nach vereinfachter Programmierung und Inbetriebnahme unter den Kunden existiert. Auch das STFI ist auf diesem Gebiet aktiv, um auf der einen Seite Einsatzmöglichkeiten in der textilen Produktionskette zu erforschen und auf der anderen Seite Textilproduzenten für den Einsatz von Industrieroboter zu befähigen.

Ein Anwendungsfall am STFI zeigt die Einfassung der Außenkontur einer textilen Matte mit einer Nähmaschine. Im Prozess wurde ein stationärer Roboter vom Typ MH80 des japanischen Herstellers Yaskawa mit einer Nähmaschine verknüpft. Der Antrieb der Nähmaschine wurde als externe Achse in die Robotersteuerung integriert, so dass die Bewegungen von Roboter und Vorschub der Nähmaschine synchron ablaufen, um Scherkräfte auf die Nähnadel und das Textil zu minimieren. Der Roboter nimmt die Matte z. B. von einem Lasercutter auf und führt sie mit der Außenkontur um die Nähnadel. Ein Einfassband wird dabei automatisiert zugeführt und geschnitten. Die Herausforderung lag dabei in der Genauigkeit des konturnahen Führens des Textils. Es stellt sich heraus, dass das aktive Führen eines Textils um eine Nähmaschine als wichtiges und relevantes Thema zu betrachten ist. Das STFI wird auf diesem Gebiet weitere Forschungen betreiben.

Ausblick

In diesem Teil wurden verschiedene Möglichkeiten der Roboterprogrammierung aufgezeigt. Durch grafische und intuitive Programmiersysteme wird diese Aufgabe „alltagstauglich“. Der abschließende dritte Teil in der nächsten Ausgabe beschäftigt sich mit der mobilen Robotik und den Herausforderungen für Greifprinzipien zum Handling von Textilien.

Falko Schubert, falko.schubert@stfi.de