28.07.21 – Positive CO2-Bilanz — read English version

Baumwolle besser als ihr Ruf

Eine neue Erkenntnis: Baumwolle könnte der Weg zu einer klimafreundlichen Textilindustrie sein, denn sie bindet CO2 effektiver als andere Nutzpflanzen.

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Eine neue wissenschaftliche Erkenntnis kommt jetzt zu dem Schluss: Baumwolle ist viel klimafreundlicher als gedacht. © Cotonea/Klaus Mellenthin

 
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Die 2003 gegründete Marke Cotonea hat eigene Anbauprojekte für Biobaumwolle in Uganda und Kirgistan mit aufgebaut und kennt alle Stationen entlang seiner Produktionskette auf persönlicher Ebene. © Cotonea/Klaus Mellenthin

 

„Dass der ökologische Anbau weniger CO2 verursacht als der konventionelle, ist weithin bekannt. Das liegt unter anderem am Einsatz des Kunstdüngers, der Treibhausgase emittiert und beim Bioanbau wegfällt“, weiß Roland Stelzer, der als Geschäftsführer der Biobaumwoll-Marke Cotonea seit über 30 Jahren die Wissenschaft verfolgt. „Von der Baumwollpflanze, die sich klimapositiv auswirkt und effektiver CO2 absorbiert als andere Pflanzen, wusste selbst ich bis vor kurzem nicht. Das hat erst kürzlich eine wissenschaftliche Arbeit von Kai Hughes (3/2021), Leiter des International Cotton Advisory Committee (ICAC), herausgestellt.“

  • Die Ursache für dieses Phänomen liegt demnach darin, dass die Baumwollpflanze zu fast 100 Prozent aus Zellulose besteht.

  • Der Bildungsprozess von Zellulose ist maßgeblich für die Aufnahme von CO2.

Flachsfaser noch klimaschonender?

Laut der Untersuchung des ICAC verursacht die Produktion von Nylon im Vergleich zu sieben anderen Fasertypen am meisten Treibhausgase. Die Herstellung von Baumwolle verantwortet am zweitwenigsten. Nur die Flachsfaser soll noch klimaschonender sein.

„Das stimmt nur bedingt“, relativiert Stelzer das Ranking. „Die Untersuchung lässt außen vor, dass die Flachspflanze für die Fasergewinnung chemisch aufgebrochen werden muss. Dieser energieintensive Verarbeitungsschritt fällt bei der Produktion von Baumwolle weg, was wiederum CO2 einspart.“

Es mag absurd scheinen: Die Baumwolle, die für eine Fasermenge von 1.000g benötigt wird, absorbiert dafür über 2.500g CO2. Für Cotonea bedeutet das, dass die Marke bei der Baumwollherstellung im vergangenen Jahr 1,26 Mio. kg CO2 gebunden hat. Roland Stelzer gibt zu bedenken, dass der Klimawandel zu den Umweltproblemen gehört, die die klimapositiven Baumwollpflanzen gefährden.

Mediale Aufklärung notwendig

„In Uganda, wo eines unserer Baumwollanbau-Projekte liegt, beobachten wir seit fünf Jahren eine Verstärkung der Wetterextreme. Über die letzten drei Jahre stiegen die Regenmengen derartig an, dass die Gegend im Jahr 2020 auffällig hohe Ernteverluste verzeichnete.“ Stelzer sieht eine mediale Aufklärung über die Umweltfreundlichkeit der Baumwolle als essentiell, um für Modedesigner die Verwendung und für Produzenten den Anbau von Baumwolle attraktiver zu machen.

„Den desaströsen ökologischen Fußabdruck der Modeindustrie verursacht größtenteils Fast Fashion aus synthetischen Materialien und Mischgeweben und der damit verbundene Wegwerfkonsum“, so Stelzer. Für die derzeitigen Mengen würden die vorhandenen Anbauflächen nicht ausreichen, würden sie aus Baumwolle hergestellt. Die Lösung seien haltbare Textilien aus Baumwolle: Sie vereinten positiven Umwelteinfluss, weniger Produktion und besseren Nutzen durch höhere Qualität und Haltbarkeit.