30.03.21 – Hochleistungstextilien, Kompressions- und Sportbekleidung — read English version

Fraunhofer ITWM: Technische Textilien realitätsnah simulieren

Neues Softwareprogramm TexMath ermöglicht die Simulation und Optimierung textiler Produkte. Ein Beitrag von Annika Dreßler, Fraunhofer ITWM.

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Eine Simulation von Stricken und des Anziehens einer Maske. Die Farben geben Aufschluss über die Spannung. Der Einfluss der Gesichtsform und die Strickspannung auf das Anliegen wird demonstriert. © Fraunhofer ITWM

 
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Abstandsgewirke: Visualisierung mit Markierung einzelner Garne © Fraunhofer ITWM

 

Eine beschleunigte Entwicklung und ein optimiertes Design technischer Textilien bei gleichzeitiger Reduzierung von Experimenten? Die Nachfrage für Techniken, die dies realisieren können, ist besonders in Bereichen wie der Sport-, Medizin- und Bekleidungsindustrie groß. Das Team Technische Textilien der Abteilung Strömungs- und Materialsimulation des Fraunhofer ITWM hat sich dieser Herausforderung angenommen und erforscht Simulationsmethoden, die eine effiziente Vorhersage des textilen Verhaltens bei Streckung, Schub, Biegung, Torsion oder Kompression ermöglicht. Auch die Faltenbildung unter Ausdehnung sowie Schrumpfung von Garnen oder kritische Scherwinkel können während des gesamten Herstellungsprozesses simuliert werden.

  • Von Hochleistungstextilien bis hin zu Kompressions- und Sportbekleidung: Das modulare Softwareprogramm TexMath des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM ermöglicht sowohl die Simulation mechanischer Materialeigenschaften als auch die Optimierung textiler Produkte.

Die von ihnen entwickelte Simulationssoftware „TexMath“ sorgt dafür, dass Prozessketten in der Produktion vorab an neue Materialien anpassbar werden. Komplizierte Muster und Schichten können mithilfe der Software abgebildet werden und ein direkter Anschluss an die Textilmaschine erfolgen. Gewünschte Web-, Strick- und Wirkprodukte werden mit der Software genau berechnet und deren Materialeigenschaften simuliert. Zusätzlich zu der Bewertung eines bestimmten Textil-Designs mithilfe von Simulation bieten die Tools auch die Optimierung der Leistungsmerkmale für verschiedene Designvarianten. Das Ziel der Software ist es, so Teamleiterin Dr. Julia Orlik, „das Design nach Produkteigenschaften und Zielkriterien“ zu realisieren.

Optimale Kompression

Ein Anwendungsbereich der TexMath Software ist die Optimierung von Kompressionstextilien für den medizinischen Bereich oder für den Sport. Für optimale Wirksamkeit kommt es hier ganz besonders auf Passgenauigkeit des Materials an. So kann der Strickvorgang beispielsweise zur Anfertigung einer Bandage mit vordefinierten Kompressionseigenschaften mit TexMath simuliert und dadurch das optimale Gestrick ausgelegt werden. Diese virtuelle Bandage wird daraufhin in einer weiteren Simulation belastet und einem virtuellen Arm oder Bein angezogen. Dank TexMath wird mithilfe des berechneten Druckprofils eine Vorab-Bewertung der Kompressionseigenschaften der Bandage sowie auch die direkte Ansteuerung der Strickmaschine gemäß des optimalen Designs möglich.

„Mit TexMath lassen sich auch Abstandstextilien, wie sie beispielsweise für das Obermaterial von Sportschuhen und für die Herstellung von Hochleistungstextilien genutzt werden, designen und vorab struktur- und strömungsmechanisch optimieren“, nennen Dr. Julia Orlik und Abteilungsleiter Dr. Konrad Steiner weitere Einsatzbereiche der Software.

Eine Demoversion des Softwareprogramms ist schon bald erhältlich. Das neu entwickelte Eingabeinterface ist besonders benutzerfreundlich. Die Textil-Klasse (also Gestrick, Gewirke, Gewebe und Abstandgewirke) lässt sich unkompliziert einstellen. Die neue grafische Oberfläche erlaubt eine einfache und schnelle Konfiguration.

Ein echter Alleskönner

TexMath besteht aus mehreren Komponenten: MeshUp, FibreFEM und FIFST. Jede der in TexMath enthaltenen Komponenten hat ihren spezifischen Einsatzbereich. Darüber hinaus verfügen die Tools sowohl untereinander über Schnittstellen als auch über Verbindungen zu der Software GeoDict der Fraunhofer-Ausgründung Math2Market auf, womit beispielsweise strömungsmechanische Simulationen an den Textilien durchgeführt werden können.

  • Ab April berichten wir in mehreren Teilen ausführlicher über dieses interessante Forschungsprojekt! Reinschauen lohnt sich.