16.03.22 – Preisexplosion

Baumwollpreise auf Zehnjahreshoch

Nach einem Rückgang der Preise zum Jahresbeginn 2020 sind seit April des gleichen Jahres kontinuierliche Steigerungen der Baumwollpreise zu beobachten.

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Die Baumwollpreise befinden sich auf einem Rekordniveau. Wie sie sich in 2022 entwickeln, ist noch nicht absehbar und hängt von vielen fragilen Faktoren ab. © cornfield/stock.adobe.com

 
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Der CIF Bremen Index: Seit April 2020 sind kontinuierliche Steigerungen der Baumwollpreise mit leichten Schwankungen zu beobachten. © Bremer Baumwollbörse

 
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Der CIF Bremen Index lag zu Beginn des Jahres 2020 bei etwa 80 US-cents/lb und fiel im April auf 68 US-cents/lb zurück. Mit Stand 16. Februar 2022 liegen die Notierungen nun bei 145 US-cents/lb, was einer Steigerung von 116 % entspricht.

Die Auslöser für die steigenden Preise können kaum auf ein mengenmäßiges Marktungleichgewicht zurückzuführen sein, wie es etwa in der Saison 2010/11 zu beobachten war, als die Preise auf einen Wert von über 230 US-cents/lb kletterten. Das International Cotton Advisory Committee prognostiziert für die Saison 2021/22 eine Weltbaumwollproduktion in Höhe von 26,4 Mio. t, was einem Plus gegenüber der Vorsaison von 8 % entspräche. Diesem Angebot steht ein gegenüber der Vorsaison stabiler Verbrauch von 25,6 Mio. t gegenüber, wobei der Verbrauch 2019/20 pandemiebedingt auf unter 23 Mio. t eingebrochen war.

Auf der Suche nach Ursachen

Was also könnte für die seit April 2020 anhaltende, wenn auch von Volatilität geprägte Preisrally verantwortlich sein? Bei einer gründlichen Analyse fällt auf, dass zahlreiche Faktoren hierfür im Zusammenspiel ursächlich sein dürften.

Marktforschungsinstitute nennen hier logistische Probleme z. B. bei der Verschiffung von Baumwolle, die es als unklar erscheinen lassen, wann ein verkaufter Rohstoff die Spinnereien erreicht. Dies wird im Markt auf der einen Seite als eine Art künstlicher Verknappung des Rohstoffes wahrgenommen. Verzögerungen im Warenfluss sind derzeit vor allem in Indien und China als dominante Baumwollverarbeiter zu beobachten.

„Versandprobleme ist aber nur eine von vielen Fragen, die den Markt beschäftigen“, so Stephanie Silber, Präsidentin der Bremer Baumwollbörse. „Wir haben“, betont die Handelsexpertin, „derzeit einen inversen Markt.“ Während Kontrakte an der New Yorker Terminbörse für den Monat März am 17. Februar mit einem Preis von aktuell 122 US-cents/lb gehandelt werden, fallen sie mit Blick auf den für die Baumwollbranche wichtigen Dezembertermin in der neuen Ernte auf 103 US- cents/lb stark ab. Diese März Long-Position für alte Ernte wird in erster Linie von Spekulanten gehalten, was zur Verunsicherung für die kommenden Wochen beiträgt.

Eine weitere nicht zu unterschätzende Preisvariable ist die anschwellende Inflationsrate. Sie wird im Wesentlichen angefeuert durch steigende Preise für Kosten wie Düngemittel, Pestizide/Herbizide, für Transport, Logistik und Haushalte. Dies beeinflusst nicht nur die Preise für Baumwolle, sondern auch die anderer börsennotierter Rohstoffe. Zentralbanken in den USA sowie in Europa sehen sich gezwungen, geldpolitische Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung zu ergreifen, was Kreditzinsen zur Finanzierung von Rohstoffgeschäften steigen lassen dürfte und Aktienkurse ins Trudeln geraten lassen. Inflationstreibende staatliche Subventionen werden zurückgefahren.

Die Folge: Geldpolitische Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation lassen befürchten, dass sie das Wachstum der Weltwirtschaft schmälern und die Prognosen für das globale Bruttosozialprodukt sinken lassen, nicht zu vergessen ungelöste Ost-West-Konflikte und daraus resultierende Kriegssorgen. Unsicherheiten und Preisvolatilität sind damit vorprogrammiert.

Unsichere Prognose

Wie sich die Baumwollpreise in diesem Jahr entwickeln, ist deshalb nach Experteneinschätzung noch nicht sicher absehbar. Tendenziell ist unter rein wirtschaftlicher Betrachtung zum derzeitigen Zeitpunkt und beim Blick auf die Notierungen der New York Futures für Verträge mit Lieferzeitpunkt Dezember 2022 mit einem Anhalten des Preishochs zu rechnen.

Ursachen für die Preiserwartungen an der Terminbörse könnten weiterhin starke Exportgeschäfte, und das Vorhandensein logistischer Engpässe und noch nicht erfüllte Lieferverträge mit Spinnereien sein.

„Das Gefährdungspotential des weltweit verbreiteten Omikron-Virus wird offensichtlich geringer. Die sich daraus ergebenden verbesserten Konsummöglichkeiten der Verbraucher dürften zu Nachholeffekten und zu einer positiven Geschäftsentwicklung der Gesamtwirtschaft beitragen“, so Stephanie Silber. Doch auch dieses Bild ist möglich: Die starke Nachfrage nach Haus- und Heimtextilien und Online-Käufe könnten sich nun möglicherweise zugunsten von Reisetätigkeit und kultureller Nachfrage entwickeln, den Verbrauch drosseln und somit preisbremsend wirken.