21.05.25 – Interview mit Lisa Kohlert, CLO Europe

CLO ebnet den Weg zur Mode der Zukunft

CLO Virtual Fashion zählt zu den Pionieren der 3D-Technologie für die Modeindustrie. Im Interview spricht Lisa Kohlert, Vice President of Business Development für CLO Europe, über die Vorteile digitaler Produktentwicklung – von Ressourcenschonung über Effizienzsteigerung bis hin zu neuen Geschäftsmodellen. Außerdem räumt sie mit gängigen Missverständnissen rund um 3D-Simulationen in der Modebranche auf.

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Als Vice President Business Development bei CLO Europe kennt Lisa Kohlert die Chancen und Herausforderungen digitaler Produktentwicklung aus erster Hand. © CLO Virtual Fashion

 
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CLO Virtual Fashion zählt zu den Pionieren der 3D-Technologie für die Modeindustrie. © CLO Virtual Fashion

 

textile network: CLO Virtual Fashion hat sich als führendes Unternehmen im Bereich der 3D-Textilsimulation etabliert. Ihr Software-Programm CLO bietet eine Vielzahl von Funktionen, von der Stoffsimulation bis zur Anpassung von Designs. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Vorteile von CLO für die Fashion-Branche?

Lisa Kohlert: Ganzheitlich bietet unsere Software-Plattform, das “CLO Ecosystem”, einen durchgängigen digitalen Arbeitsprozess, der die Co-Kreation innerhalb eines Ökosystems, das jeden Aspekt der Bekleidungsherstellung umfasst, optimiert und inspiriert. Somit wurde ein nahtloser Prozess für das Gestalten von Kleidungsstücken und den Produktaustausch entwickelt. Mit unserer Software CLO ist es möglich, den kompletten Prozess zu optimieren, von der Produktentwicklung, Passformanpassung über neue Designkreationen bis hin zur Variantenerstellung – alles mit dem Ziel, Ressourcen zu sparen. Damit sind die Vorteile unserer 3D Technologie vielseitig. Neben Effizienz und Geschwindigkeit ist die Möglichkeit zur Kosteneinsparung enorm. Somit lassen sich viele Nachhaltigkeitsziele realisieren, die mehr und mehr auch vom Konsumenten erwartet werden. Zusätzlich bietet 3D neue Einnahmequellen und Geschäftsmöglichkeiten, wie z. B. durch innovative und personalisierte Kundenerlebnisse.

textile network: Wie genau können mit CLO Ressourcen eingespart werden? Können Sie uns ein paar Beispielen nennen?

Lisa Kohlert: Klar, die Fit Optimierung durch CLO ermöglicht es z. B. physische Muster einzusparen und Protorunden deutlich zu reduzieren, da Anproben digital durchgeführt werden können. Des Weiteren kann damit die Qualität der Passform erheblich verbessert werden, da eine digitale Ansicht des Kleidungsstücks, z. B. durch das Ausblenden von Ärmeln, die Nahaufnahme des Schrittes oder zusätzliches Sichten weiterer Größen oft präzisere und schnellere Änderungen ermöglicht im Vergleich zu einer traditionellen Anprobe an einem Fitmodel oder Schneiderbüste. Durch die schnelle Visualisierung von Varianten wie beispielsweise verschiedene Farbvarianten, -muster oder Texturierungen können aber nicht nur physische Samples eingespart werden, sondern auch Entwicklungsprozesse erheblich beschleunigt werden. CLOs AI Tools wie das Texturierungstool bieten hierfür Möglichkeiten, um einfach unterschiedliche Varianten zu testen. Letztendlich können Ressourcen und Kosten im Bereich der Arbeitsbeschaffung, Materialien und Zutaten eingespart werden.

textile network: CLO wird vor allem in der Fashion-Branche eingesetzt. Bekannte Marken wie Hugo Boss, Marc Cain, Calida und Intersport arbeiten bereits seit Längerem mit dem Programm. Gibt es abgesehen davon noch weitere Anwendungsfelder?

Lisa Kohlert: CLO wird mittlerweile von mehr als 1 Mio. Nutzern weltweit in über 100 Ländern verwendet. Unsere Kunden aus dem deutsch-sprachigen Raum sind erfahrene CLO-User und haben 3D bereits in Großteilen ihres Workflows implementiert. Weitere Anwendungsfelder neben Textilien sind z. B. Arbeitskleidung, Militär, Automobil, Heimtextilien sowie Footwear, und Non-Apparel-Produkte wie Zelte, Rucksäcke und Accessoires jeder Art.

textile network: Was sind Ihrer Einschätzung nach die größten Missverständnisse, die Unternehmen aktuell über die Verwendung von 3D-Simulationen in der Modebranche haben?

Lisa Kohlert: Die Modeindustrie, insbesondere im Bekleidungs- und Schuhbereich, hat im Vergleich zu Branchen wie der Automobilindustrie, Architektur und Gaming, hat 3D-Technologien sehr viel langsamer übernommen. Diese Sektoren haben lange auf CAD-basierte 3D-Modellierung als Standard gesetzt, während Gaming und Unterhaltung die Vorreiter des Echtzeit-Renderings und immersiven digitalen Erlebnissen waren. Die Mode hingegen war traditionell in handwerklicher Fertigung verwurzelt, was den Übergang zur digitalen Welt herausfordernder macht. Die Komplexität von weichen Materialien und der Physik von Stoffen war ebenfalls ein großes Hindernis, da die präzise Simulation des Verhaltens von Textilien in digitalen Umgebungen fortschrittliche physikbasierte Simulation erfordert. Dementsprechend wird teilweise immer noch angenommen, dass 3D Mehrarbeit verursacht, die Kreativität einschränkt, ein Kurzzeitinvestment ist oder auf Resistenz des Endkonsumenten stoßen würde.

textile network: Was entgegen Sie den Unternehmen, die genau solche Annahmen noch verinnerlicht haben?

Lisa Kohlert: Wir verstehen, dass der Weg zur Digitalisierung manchmal zunächst lang und einschüchternd erscheinen kann, doch sobald die Implementierung erfolgreich stattgefunden hat und die Abläufe und Prozesse realisiert wurden, können repetitive Abläufe enorm reduziert und optimiert werden. Arbeit wird damit vor allem für zukünftige Kollektionen deutlich eingespart, sodass das Augenmerk zukünftig wieder auf Kreativität und Qualität gesetzt werden kann.

textile network: Vor welchen technischen Hürden stehen Unternehmen, was die Implementierung der 3D-Software in ihre Systeme angeht? Und wie kann CLO dabei helfen, diese zu lösen?

Lisa Kohlert: Aus der Perspektive einer Plattform sehen wir, dass Unternehmen ihre bestehenden Asset-Management-Systeme oder PLMs nicht vollständig durch 3D-basierte-Plattformen ersetzen. Stattdessen nutzen sie 3D-basierte Plattformen neben ihren bestehenden Systemen und integrieren schrittweise den Umfang von 3D innerhalb ihres Workflows. Unsere Kommunikationsplattform „CLO-SET“ ist ein Weg für Unternehmen, ihre 3D-Reise zu beginnen, da sie nahtlos nicht nur mit der CLO-Software, sondern auch mit verschiedenen PLM- und Asset-Management-Systemen integriert, mit denen sie bereits arbeiten. Denn letztendlich geht es in der 3D-Pipeline der Mode nicht nur darum, visuell realistische Assets zu erstellen – sie erfordert darüber hinaus ein tiefes Maß an Integration mit den Geschäftsabläufen und Produktionssystemen, was sie zu einer der komplexesten und anspruchsvollsten Anwendungen der 3D-Technologie von heute macht. Auch hier bietet CLO ein Standard Plugin mit „CLO-Vise“, sowie bedarfsgerechte APIs, welche auch die Mehrarbeit von Anwendern minimieren sollen, um alle relevanten Daten in der gesamten Systemlandschaft verfügbar zu machen.

textile network: Kann die Modebranche ihren Verzug beim Einsatz von 3D-Technologien noch aufholen?

Lisa Kohlert: Ja, auf jeden Fall. In den letzten fünf Jahren haben wir eine dramatische Beschleunigung bei der Einführung von 3D-Technologie in der Modebranche erlebt. Während die Branche möglicherweise hinter anderen begonnen hat, holt sie schnell auf – und in einigen Bereichen, wie der digitalen Mode und virtuellen Wearables, ist sie sogar Vorreiter neuer Anwendungen der 3D-Technologie.

textile network: Frau Kohlert, vielen Dank für das interessante Gespräch!