25.10.19 – 85 Prozent der Unternehmen warten aufs Geld

Coface-Studie belegt schlechte Zahlungsmoral

Der Druck auf die Unternehmen wird immer größer. Deutsche Unternehmen haben ihre durchschnittlichen Zahlungsziele verlängert.

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Den stärksten Anstieg bei der Zahl der Unternehmen mit Zahlungsverzögerungen verzeichneten der Textil-Bekleidungssektor (von 58 Prozent auf 78 Prozent). © dpa-Infografik/Coface

 

Was Coface bereits im Juli zur Herabstufung Deutschlands in der Länderbewertung auf A2 veranlasste, zeigt jetzt auch eine aktuelle Umfrage des Kreditversicherers zum Zahlungsverhalten von Unternehmen: Der Druck auf die Unternehmen wird immer größer. Nicht zuletzt deshalb haben deutsche Unternehmen ihre durchschnittlichen Zahlungsziele seit 2017 von 29,8 Tagen auf 35,9 Tage verlängert. Dennoch stieg der Anteil der Unternehmen, die länger als vereinbart aufs Geld warten mussten: von 78 Prozent vor zwei Jahren auf jetzt 85 Prozent.

Noch mehr Zahlungsverzögerungen

Der durchschnittliche Zahlungsverzug hat sich zwar um fast 6 Tage von 41,4 auf 35,5 Tage verringert. Längere Zahlungsziele, mehr Zahlungsverzögerungen, aber kürzere Überziehungen?

Dazu betont Coface-Volkswirtin Christiane von Berg, die die Umfrage durchgeführt hat:

„Um diese Zahlen einzuordnen, müssen sie in Kombination gesehen werden. Aufgrund des für viele Unternehmen schwierigen Umfelds forderten die Kunden längere Zahlungsziele, durchschnittlich sechs Tage. Am Ende schaffen sie es dann dennoch, zur gleichen Zeit wie 2017 zu bezahlen. Aber durch die Verlängerung der Zahlungsfristen ist der Zahlungsverzug eben rechnerisch um sechs Tage kürzer.“

Textil, Handel und Automotive mit starkem Anstieg

Den stärksten Anstieg bei der Zahl der Unternehmen mit Zahlungsverzögerungen verzeichneten der Textil-Bekleidungssektor (von 58 Prozent auf 78 Prozent), der Groß- und Einzelhandel (75 Prozent auf 89 Prozent) und der Automobilsektor (73 Prozent auf 81 Prozent).

Rückgänge gab es im Transportsektor, wenn auch nur leicht und weiter auf hohem Niveau von 86 Prozent auf 81 Prozent. Die Gründe für Verzögerungen sind hauptsächlich finanzielle Schwierigkeiten von Kunden. Das sahen 46 Prozent der befragten Unternehmen. 15 Prozent berichteten über Managementprobleme als Hauptgrund. Als Hauptursache für den finanziellen Druck nannten die Unternehmen mit 45 Prozent den harten Wettbewerb, der die Gewinnmargen belastet. Ein Viertel der Unternehmen sah in der mangelnden Finanzierung das Hauptproblem.

Längere Zahlungsziele nicht aus Vertrauen

Kurzfristige Kreditlaufzeiten sind weiter Standard im Markt. 87 Prozent der von Coface befragten Unternehmen erwarten, dass die Zahlungen innerhalb von 60 Tagen erfolgen. Das sind im internationalen Vergleich sehr viele: In der Coface-Zahlungsumfrage 2019 in Polen gaben nur 64 Prozent der Unternehmen Zahlungen innerhalb von 60 Tagen vor. In China lag der Anteil unter 50 Prozent und in Marokko sogar nur bei 16 Prozent.

Die verlängerten Zahlungsziele waren am deutlichsten in den Bereichen Pharma-Chemie (plus 19 Tage), Metalle (12 Tage) und Transport (8 Tage), während sich die durchschnittliche Kreditlaufzeit im Bereich Agrar-Lebensmittel-Holz um fünf Tage verringerte.

Christiane von Berg:

„Der Grund für längere Laufzeiten ist nicht, dass sich das Vertrauen in die Kunden erhöht hat.“

Zum Teil spiele die Absicherung der Forderungen eine Rolle. 2019 beantworteten 23 Prozent der befragten Unternehmen, dass ihre Kreditrisiken versichert sind, verglichen mit 14 Prozent im Jahr 2017. Absicherung auf der einen Seite, Notwendigkeit auf der anderen: Denn der Anteil der Kunden mit engerer Liquidität ist von 14,6 Prozent auf 15,8 Prozent gestiegen. „Da es nach wie vor ein Standard ist, die Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen, werden wohl auch längere Laufzeiten für den Lieferantenkredit gewährt“, meint die Coface-Volkswirtin.

Weiter dunkle Wolken am Horizont

Die Geschäftserwartungen haben sich deutlich eingetrübt. 30 Prozent der Unternehmen sagen mit Blick auf das Jahresende, dass sich das eigene Geschäft in diesem Jahr im Vergleich zu 2018 verschlechtern wird. Nur 20 Prozent sehen 2019 positiv.

Die größten Pessimisten sind im Automobilsektor mit 62 Prozent, der Metallindustrie, die ein großer Zulieferer für die Automobilbranche ist, und im Textil-Bekleidungssektor mit jeweils 50 Prozent negativer Erwartung. Die Automobilbranche war 2017 noch der größte Optimist hinsichtlich der Geschäftsaussichten war. Der einzige sehr optimistische Sektor ist Elektronik-IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie). Hier gaben 43 Prozent der Unternehmen an, dass ihre Geschäftsaussichten 2019 besser sind als 2018. „Dies ist eine große Trendwende bei den Geschäftsaussichten. Als wir 2017 die gleiche Frage stellten, waren fast alle Unternehmen optimistisch, was das laufende Jahr betrifft. Nur der Sektor Textil-Bekleidung war damals im Durchschnitt pessimistisch“, erklärt Christiane von Berg.