27.03.19 – Handelskrieg — read English version

Wenn zwei sich streiten

Der Handelskrieg zwischen den USA und China hat bereits klare Spuren, auch auf dem Textilhandel, hinterlassen.

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Wendy Tan, Geschäftsführerin von Nature World Manufacturing Sdn. Bhd: „Der Handelskrieg zwischen den USA und China bietet für Malaysia neue Chancen. Früher konnten wir gegen chinesischen Produkte preismäßig nicht konkurrieren, auch wenn die Qualität malaysischer Produkte viel besser ist. Zudem sind chinesische Produkte inzwischen wegen der gestiegenen Arbeitskosten nicht mehr so billig wie früher. Dazu kommen nun noch die Strafzölle, was insgesamt chinesische Produkte teurer macht.“ © Manik Mehta

 

Sowohl die amerikanischen Importeure als auch die chinesischen Lieferanten wollen nach neuen Wegen suchen, um die Strafzölle der Trump-Administration überwinden zu können. Die Amerikaner wollen ihren Textilbedarf aus anderen Ländern in Asien, aber auch in Afrika decken, während die chinesischen Lieferanten ihre Exporte nach den USA aus Drittländern betreiben wollen.

Kreative Methoden

Die chinesischen Exporteure haben dabei durchaus kreative Methoden entwickelt. Chinesische Unternehmen und amerikanische Unternehmen, die bis jetzt in China produzieren lassen, verlegen ihre Produktion in Drittländer, z. B. Bangladesch, Vietnam und Kambodscha in Asien sowie Äthiopien, Kenia und Mauritius in Afrika kommen in Frage. Mit Afrika hat die USA bekanntlich ein Freihandelsabkommen – genannt African Growth and Opportunity Act (AGOA) – vereinbart, mit dem die Exporteure ihre Waren zollfrei nach Amerika liefern können.

Das Problem dabei: Es ist nicht leicht, die ganze Produktion in ein Land zu verlegen, das nur über eine unzureichende Produktionsinfrakstruktur verfügt und nur wenig gelernte Arbeitskräfte hat. Zudem ist eine Produktionsverlagerung mit hohen Investitionen verbunden. Daher überlegen die Firmen schon sehr genau, ob sich ein langfristiges Engagement in einem Drittland tatsächlich auch lohnen wird.

Im Gespräch mit textile network in New York sagte Zhang Tao, Generalsekretär des Rates der chinesischen Textilindustrie, dass sich der Textilaußenhandel seines Landes 2018 stabilisiert habe. Es hätte sogar eine bescheidene Zunahme beim Export gegeben. Der globale Textil- und Bekleidungsexport aus China belief sich 2018 demnach auf 276,7 Mrd. US-Dollar; davon betrug der Export nach den USA allein 40,00 Mrd. US-Dollar. Chinas Mitgliedschaft bei der Welthandelsorganisation 2000 hat den Textil- und Bekleidungsexporten des Landes starke Impulse gegeben. „Die Nachfrage in den USA ist immer noch stark. Aber es gibt Unsicherheit im Markt wegen des Handelskrieges, was auch das amerikanische Importgeschäft beeinträchtigen wird. Amerikanische Importeure werden nach neuen Lieferanten suchen müssen“, so Tao.

Migration nach Afrika

Tao wies darauf hin, dass die Migration der chinesischen Unternehmen nach Afrika, vor allem nach Äthiopien und Kenia, bereits angefangen habe und Äthiopien und Kenia chinesische Unternehmen durch die Errichtung industrieller Parks anzulocken versuchten. Seiner Meinung nach haben es die nach Afrika zur Gewinnung der AGOA-Vergünstigungen auswanderungswilligen chinesischen Unternehmen jedoch nicht immer leicht damit, die Produktion in Afrika komplett aufzubauen. Kulturelle und geopolitische Bedingungen seien sehr unterschiedlich und die „Geschäftsakklimatisierung“ nehme sehr viel Zeit in Anspruch. Daher glaubt er, dass Chinas Lieferanten sich auch anderen Märkten als die USA hinwenden könnten. Dennoch bleibt es dabei, dass „der amerikanische Markt wertmäßig der größte Markt der Welt für China ist,“ erklärte Tao. Und so sind chinesische Lieferanten inzwischen kreativ, um die Strafzölle der USA zu umgehen. Lieferanten lassen ihre Halb- oder Vorprodukte aus China nach Afrika oder einem südostasiatischen Land transportieren, von wo sie die weiterverarbeiteten Fertigwaren in die USA exportieren. Da es so auch zu Missbräuchen kommen kann, etwa wenn ein chinesischer Lieferant die Waren nur kosmetisch in einem Drittland ändert, um die zollfreien Vorteile in den USA zu beanspruchen, ist diese Vorgehensweise eine eher heikle Grauzone. „Zwar durchaus legal, wenn substantiell etwas an den Vorprodukt in einem afrikanischen oder südostasiatischen Land geändert wird, aber ungesetzlich, wenn der Lieferant nur eine oberflächliche Änderung durchführt“, meint ein amerikanischer Importeur.

Firmen in Südostasien erleben inzwischen ein reges Geschäftsinteresse seitens der westlichen Importeure, die ihre starke Importabhängigkeit von China abbauen wollen. Aussteller aus Indonesien, Malaysia und Vietnam auf der Heimtextil-Messe in Frankfurt spürten ein hohes Interesse seitens der westlichen Einkäufer.

Hierzu Wendy Tan, Geschäftsführerin der in Petaling Jaya, Selangor, Malaysia ansässigen Firma Nature World Manufacturing Sdn. Bhd, gegenüber textile network: „Wir liefern Bettwaren an große westlichen Unternehmen, die ihre Produkte unter eigener Marke verkaufen. Doch verkaufen wir inzwischen auch eine eigene und ganz andere Produktserie unter unserer eigenen Marke ‚Secrets of Nature‘, die in Malaysia und Großbritannien registriert ist.“ Nature World Manufacturing will sich nun dem amerikanischen Markt hinwenden. „Der Handelskrieg zwischen den USA und China bietet für Malaysia neue Chancen. Früher konnten wir gegen chinesischen Produkte preismäßig nicht konkurrieren, auch wenn die Qualität malaysischer Produkte viel besser ist. Zudem sind chinesische Produkte inzwischen wegen der gestiegenen Arbeitskosten nicht mehr so billig wie früher. Dazu kommen nun noch die Strafzölle, was insgesamt chinesische Produkte teurer macht“, so Wan.

Auch der malaysische Bettwarenhersteller Fernex Sdn.Bhd. aus Kajang, Selangor, spürte laut Lee Kheang Lim, Marketing-Direktorin bei Fernex, eine wesentlich höhere Resonanz auf der diesjährigen Messe Heimtextil in Frankfurt als früher.

„Waffenstillstand“

Der Handelskrieg hat bereits schwere Auswirkungen auf den globalen Handel, obwohl die USA und China ihre Probleme durch baldige Aufnahme von Verhandlungen lösen wollen. Der durch den amerikanischen Präsidenten Donald Trump und den chinesischen Staatschef Xi Jinping im Dezember erreichte und bis Anfang März geltende „Waffenstillstand“ im Handelskrieg sei der erste Schritt in diese Richtung, so ein amerikanischer Wirtschaftsforscher, der anonym bleiben will. Für Olaf Schmidt, Vizepräsident (Textilien/Textiltechnologie) bei der Messe Frankfurt, ist noch nicht klar, „was auf uns in den kommenden Wochen und Monaten als Folge des Handelskrieges zukommt.“ Die Besucherzahlen aus den USA seien allerdings gestiegen, was darauf schließen lässt, dass amerikanische Einkäufer nach neuen Liefermöglichkeiten suchen. „Die Vertreter der großen amerikanischen Kaufhäuser sind alle hier auf der Heimtextil“, so Schmidt gegenüber textile network. China gelte dennoch weiterhin, auch trotz des Handelskrieges, als der weltweit größte Textillieferant und verfüge über eine gigantische Infrastruktur zur Textilproduktion, „und dies ist in anderen Ländern in dem Maße einfach nicht vorhanden.“

Und was meint das IWF?

Nach Einschätzung des Internationale Währungsfonds (IWF) wird der Handelskrieg negative Auswirkungen für das Wirtschaftswachstum in beiden Ländern haben. Dies gilt besonders in China, wo der IWF seine Wachstumsprognose für 2019 um 0,2 Punkte reduziert hat. Auch in den USA wird mit einem schwächeren Wachstum gerechnet. Auch zeigt man sich bei der New York Stock Exchange (NYSE) „ziemlich unsicher“ über die weiteren Auswirkungen des Handelskonfliktes. Der bei der NYSE für die internationalen Kapitalmärkte zuständige Chef Alex Ibrahim sagte gegenüber textile network: „Wir beobachten die Marktentwicklungen im Handelsstreit zwischen den USA und China und es gibt negative Meldungen über den Markt als Folge des US-China-Handelskrieges.“ Was bleibt? Abwarten ...

Manik Mehta