14.08.19 – Blickwinkel — read English version
Let’s jump!
Eine positive Einstellung und Vertrauen in das eigene Bauchgefühl können zum Erfolg führende effiziente Entscheidungen bewirken.
Zögern und Zaudern gefährdet häufig den Erfolg – es muss aber auch nicht der gern beschworene „Tschaka-Spirit“ sein, denn eine positive Einstellung, etwas weniger Problemfixiertheit und Vertrauen in das eigene Bauchgefühl können zum Erfolg führende effiziente Entscheidungen bewirken.
Wer hat das nicht schon selbst erlebt:
Ein kleiner Bach mit schlammigem Ufer flößt zwar Respekt ein, ist aber gut zu überspringen. Es naht der Absprung und zur Anspannung gesellen sich Zweifel hinsichtlich des Erfolgs des Vorhabens. Der Absprung erfolgt minimal und kaum spürbar verzögert. Doch es kommt, was kommen musste: Sprung zu kurz, Beine bis zu den Knöcheln im Schlamm …
„Self fullfilling prophecy“
Was hier passiert ist, wird gerne mit der wissenschaftlichen Theorie der „self fullfilling prophecy“, der „selbst erfüllenden Prophezeiung“, erklärt. Der Mensch ist zwar evolutionsbedingt von Grund auf vorsichtig, skeptisch bzw. ängstlich (zuständig dafür ist der Hirnstamm – unser „Reptiliengehirn“), seine kognitiven Fähigkeiten versetzen ihn jedoch in die Lage, seine Situation zu bewerten und sein Handeln darauf hin abzustimmen.
Aufgrund von Erfahrungen prognostiziert er die Ergebnisse verschiedener Handlungsmöglichkeiten und entscheidet sich für oder gegen eine Option. Es wäre allerdings zu schön, wenn das Thema damit erschöpfend abgehandelt wäre. In Wirklichkeit spielen noch viele andere Faktoren im menschlichen Entscheidungsprozess wichtige Rollen, von denen der Volksmund in kurzen Merksätzen zu berichten weiß.
„Angst ist ein schlechter Ratgeber“ ist einer davon, der sich im „Schlammbeispiel“ bewahrheitet hat.
Die Distanz war erfahrungsgemäß machbar und löste die Entscheidung zum Sprung aus. Das kurze Angst getriebene Zögern hat jedoch die entscheidende Energie gekostet, die für den erfolgreichen Sprung erforderlich war. Quasi im Sprung wurde in unserem Beispiel wieder die Abwägung zwischen Erfolg und den Folgen eines missglückten Sprungs „aufgemacht“. Das Bild der nassen oder schlammigen Schuhe – die Prophezeiung – hat die Entschiedenheit beseitigt, die nach der Sprung-Entscheidung von Nöten gewesen wäre. Im Gegensatz dazu hat sich ein Verhalten eingestellt, das zum Eintritt der Prophezeiung geführt hat. Nach Ansicht von Psychologen funktioniert dieser Effekt aber auch in die positive Richtung. Viele Spitzensportler zum Beispiel arbeiten mit positiven Bildern, um ihr Ziel zu erreichen.
Wir treffen täglich etwa 20.000 Entscheidungen
Aber gehen wir noch einmal einen Schritt zurück zum Thema „Entscheidung“. Entsprechenden Forschungen zu Folge treffen wir täglich etwa 20.000 Entscheidungen. Diese Zahl schließt eher unwichtige Entscheidungen ein, beispielsweise „Stehe ich auf oder stelle ich den Wecker zehn Minuten weiter?“, „Was tue ich aufs Brot?“, „Welchen Anzug ziehe ich an?“ usw., usw. Dem gegenüber stehen aber auch elementare Entscheidungen mit großer Wirkung.
„Welchen der drei entwickelten Prototypen treiben wir nun bis zur Marktreife?“, „Dehnen wir unser Auslandsgeschäft in xy aus?“ oder „Kaufen wir ein Haus?“. Aber wie sollen wir handlungsfähig bleiben, wenn wir vor jeder Entscheidung Prognosen anstellen und uns mit den möglichen Folgen auseinandersetzen. Die ganz banalen Entscheidungen treffen wir, ohne darüber großartig nachzudenken und damit fällt ein sehr großer Teil der oben erwähnten 20.000 Entscheidungen schon einmal nicht ins Gewicht.
Das Bauchgefühl kommt ins Spiel
Trotz dieses „Filters“ halten uns aber noch ausreichend Entscheidungen „auf Trab“. An dieser Stelle kommt uns unser Bauchgefühl zur Hilfe. Anders als der Begriff vermuten lässt, treffen wir diese Entscheidungen nicht tatsächlich aus dem Bauch heraus, sondern vergleichen den zu entscheidenden Fall im Unterbewusstsein mit ähnlichen, bereits erlebten Fällen und orientieren uns an den seinerzeit gemachten Erfahrungen; gewählt wird die Handlungsvariante, die bei einer ähnlichen Situation erfolgreich war. Die Entscheidung „aus dem Bauch heraus“ ist also ebenfalls eine Kopfentscheidung, allerdings bleibt uns der Abwägungsvorgang verborgen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Probanden bei ihren Entscheidungen zu etwa 60 bis 70 Prozent richtig lagen und die Trefferquote durch bewusstes Nachbereiten der Erlebnisse des Tages noch gesteigert werden kann.
Für mehr Effizienz
Was fangen wir nun an mit der Theorie der selbsterfüllenden Prophezeiung, mit der Volksweisheit „Angst ist ein schlechter Ratgeber“ und der Erkenntnis zu dem, was hinter einer Bauchentscheidung steckt? Zunächst einmal geben uns die Erkenntnisse zum Bauchgefühl etwas mehr Sicherheit, denn wir dürfen uns tatsächlich auf unser Bauchgefühl verlassen und sollten es vor allem nicht ignorieren. Viele Entscheidungen im Tagesgeschäft lassen sich schneller treffen, wenn sie „aus dem Bauch heraus“ erfolgen.
Diese Strategie eignet sich natürlich nur für Fälle, in denen man eine Fehlerquote von etwa 30 bis 40 Prozent verschmerzen kann. Dem steht aber ganz klar ein Zugewinn an Effizienz gegenüber, den es zu nutzen gilt. Die weitere Erkenntnis liegt darin, dass wir mit schwarzmalerischen Betrachtungen im Grunde selbst das Ergebnis negativ beeinflussen. Klassische Alarmzeichen für selbsterfüllende Prophezeiungen sind Formulierungen wie „Das klappt doch eh nicht“ oder „Das hat noch nie jemand so gemacht“.
Positive Einstellung, Bauchgefühl und Mut fördern den Erfolg
Wenn sich zu dem Vertrauen in das eigene Bauchgefühl und einer positiven Einstellung dann noch ein gewisser Mut und die Bereitschaft zum (kalkuliertem) Risiko gesellen, haben wir ganz wesentliche Bestandteile, die für unternehmerischen Erfolg verantwortlich gemacht werden. Launig und mit einem Augenzwinkern beschreibt Donald Keough, ehemaliger Coca-Cola-Chef, in seinem Buch „Die 10 Gebote für geschäftlichen Misserfolg“ die weiteren neuen Voraussetzungen, die, wenn sie nicht beachtet werden, aus seiner Sicht sicher zum Scheitern führen werden.
Auch wenn ich selbst sehr gute Erfahrungen mit einer grundsätzlich positiven Einstellung gemacht habe, muss klar sein, dass diese allein nicht ausreicht, erfolgreiche Entscheidungen zu treffen. Wichtige Entscheidungen bedürfen einer guten Vorbereitung.
Ist diese allerdings erfolgt, sollte die Entscheidung getroffen und dann auch konsequent umgesetzt werden. Wenn ich also entschieden habe, über den Bach zu springen, dann mit Überzeugung und einer positiven Einstellung, dann bleiben die Füße auch trocken ... meistens.
Martin Auerbach, Hauptgeschäftsführer Heimtex