14.02.22 – Smart Textiles
SALD liefert Technofasern für neue Textilien
SALD hat ein weltweit einzigartiges Verfahren entwickelt, im industriellen Maßstab Beschichtungen aufzutragen, die so dünn sind wie ein einziges Atom.
„Fasern mit atomaren Beschichtungen werden die Textilwirtschaft auf den Kopf stellen“, prognostiziert Frank Verhage, CEO des niederländischen Technologie-Start-ups SALD BV (Eindhoven). Der Firmenname steht für „Spatial Atomic Layer Deposition“ (SALD) und bezeichnet ein Verfahren, atomdünne Schichten beispielsweise auf Fasern aufzutragen. Durch das Aufbringen mehrerer Schichten übereinander aus unterschiedlichen Substanzen, die kontrollierte chemische Reaktionen eingehen, lassen sich Eigenschaften erzeugen, die „völlig verrückt sind“ (Frank Verhage). Der SALD-Chef spricht von einer „Textilrevolution“, vergleichbar mit der Erfindung von Kunstfasern oder synthetischen Farbstoffen seit Mitte des 19. Jahrhunderts.
Beginn der Technofaser
„Die 2020er Jahre werden als Beginn der Technofaser in die Geschichte eingehen“, ist Frank Verhage überzeugt. Sein Unternehmen hat laut Angaben ein einzigartiges, patentiertes Verfahren entwickelt, im industriellen Maßstab Beschichtungen aufzutragen, die so dünn sind wie ein einzelnes Atom. Mit jeder Schicht können jeweils andere Substanzen aufgebracht werden, so dass es zu einer chemischen Reaktion mit dem zuvor aufgetragenen Stoff kommt. Dadurch lassen sich funktional völlig unterschiedliche Substanzen, komplexe Verbindungen, Polymere und hybride organische und anorganische Materialien erzeugen. Trotz der hohen Funktionalität sind die entstehenden Oberflächen extrem dünn: Türmt man beispielsweise acht Ebenen übereinander, ist die Faserbeschichtung noch immer dünner als 1 Nanometer, also 0,000001 mm.
Gegenüber chemischen Behandlungsmethoden hat die Atombeschichtung den Vorteil, dass sie im Trocken- statt Nassverfahren erfolgt, keinen aufwendigen Trocknungsprozess benötigt und keinerlei chemische Rückstände zurücklässt.
Neue Anwendungsgebiete für Textilien
„Atombeschichtete Fasern bezeichnen die Miniaturisierung, die wir sonst nur aus der Computerchipfertigung kennen. Besser ist der Begriff Technofasern, weil sich mit den Atomschichten technologische Eigenschaften in die Textilwelt bringen lassen, die vergleichbar sind mit den Umwälzungen bei der Chipentwicklung in der Computerwelt“, zieht Frank Verhage einen Vergleich. Eine künftige Generation von Smart Textiles kann leuchten, wärmen und Daten erfassen oder übertragen. „Zugleich können die neuartigen Technofasern auf Gebieten zur Anwendung kommen, auf denen man Textilien zuvor nicht einmal erwogen hatte, beispielsweise für Solarzellen, Transistoren oder Sensoren. „Man denke an Kleidung, die aus dem Sonnenlicht genügend Energie erzeugt, um die in den Stoff eingewobene organische Elektronik dauerhaft mit Strom zu versorgen“, gibt SALD-Chef Frank Verhage ein Beispiel für die Zukunft. „Oder ein T-Shirt überwacht die Vitaldaten seines Trägers und übermittelt sie per Funk an ein Gesundheitszentrum“, nennt er ein Beispiel für Sensortextilien aus, wie er sagt, „einer Auswahl Tausender von Anwendungsszenarien“. Er erklärt: „Es gilt der Grundsatz: Zukunft hat, wer sie macht. Noch vor zehn Jahren hätte sich niemand die heutigen Smartphones vorstellen können. Die Textilwirtschaft steht dank Technofasern vor einem ähnlich fundamentalen Wandel zu Smart Textiles.“
Mode, Medizin, Hygiene
Die bislang vor allem durch modische Strömungen bestimmte Fashion-Branche kann künftig dank „Spatial Atomic Layer Deposition“ zusätzlich durch technologiegetriebene Trends weiterentwickelt werden. Neue Materialien ermöglichen Outfits, die man zuvor noch nie gesehen hat, mit neuartigen Eigenschaften, die dünner, haltbarer, wetterfester oder eben „einfach nur“ schicker sind. Technotextilien können weit über Kleidung hinaus für Medizin- und Hygieneprodukte wie Verbandsmaterial, Binden, Mund-Nasen-Masken und viele weitere Anwendungsgebiete zum Einsatz gelangen.
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erwartet, dass der Weltmarkt für Smart Textiles bis 2030 auf mehr als 40 Mrd. Euro anschwellen wird. Das wäre in etwa eine Verzehnfachung gegenüber dem heutigen Marktvolumen.