22.03.22 – 30 Jahre STFI – Interview

Ein Blick zurück (und) in die Zukunft

textile network sprach anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Sächsischen Textilforschungsinstituts mit der Geschäftsführenden Direktorin Dr. Heike Illing-Günther.

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Dr. Heike Illing-Günther im Gespräch mit Claudia Bartl, STFI. © STFI/Dirk Hanus

 

Das Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) gehört zu den leistungsstärksten der insgesamt 16 deutschen Textilforschungsinstitute und gilt als langjähriger Impulsgeber auf dem Gebiet der technischen Textilien. In diesem Jahr feiert die Forschungseinrichtung ihr 30-jähriges Jubiläum. textile network wirft zu diesem Anlass mit der Geschäftsführenden Direktorin Dr. Heike Illing-Günther einen Blick zurück und in die Zukunft.

textile network: Frau Dr. Illing-Günther, das STFI feiert in diesem Jahr sein 30. Jubiläum. Wenn Sie auf die über 15 Jahre zurückblicken, die Sie bereits am STFI tätig sind, was ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?

Dr. Illing-Günther: An meine ersten Tage hier im Institut kann ich mich gut erinnern. Gestartet an einem Brückentag, und trotzdem: ‚Sind das viele Kollegen … und was die alles für maschinelle Möglichkeiten haben. Das ist ja riesig, was man da alles machen kann!‘. Ja, und genauso ist das: Semi-industrielle Anlagen, wo man hinschaut – das Credo des Instituts: Wir müssen analog der Industrie arbeiten – keine Schreibtischversuche –, damit man mit den Ergebnissen etwas anfangen kann.

textile network: Was wünschen Sie sich für das STFI für die kommenden 30 Jahre?

Dr. Illing-Günther: Für die kommenden 30 Jahre wünsche ich dem Institut ebensolche bodenständigen loyalen Mitarbeiter, die voller Begeisterung in enger Zusammenarbeit mit Kollegen aus Industrie und Forschung genau unsere Basis fortführen, auch wenn es mitunter herausfordernd ist, in größeren Dimensionen zu denken und zu kalkulieren. Dabei sind und bleiben Kernthemen die Vliesstoffe und das Recycling – egal ob klassisch oder als Hochleistungsmaterialien bis hin zu Nischen, wie Smart-Textiles-Recycling. Ergänzendes Know-how wird auf den Feldern des Klimamanagements, der Life-Cycle-Analysen und der CO2-Bilanzierungen wachsen.

textile network: Welche Forschungsprojekte sind im Jubiläumsjahr geplant? Können Sie uns beispielhaft 1-2 Projekte aus dem Bereich Technische Textilien nennen, die in diesem Jahr am STFI anlaufen?

Dr. Illing-Günther: Aus unseren über 130 Projekten im Jahr fällt eine konkrete Benennung von einem oder zwei Projekten sehr schwer, denn jedes Einzelne greift eine Herausforderung der Gegenwart bzw. der klein- und mittelständischen Industrie auf.

De facto sehen wir eine Clusterung der Themen: Neben dem Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz (Laserschutzhandschuh, Explosionsschutzmatten, Gesundheitsschutz) stehen Arbeiten auf dem Gebiet der bio-basierten bzw. bio-abbaubaren Faserstoffe resp. die Erforschung neuer Faser- und Rohstoffe wie Hanfbastrinde, Graviola oder Kendyr oder textile Epoxide im Fokus sowie bioabbaubare Geokunststoffe, das Recycling und die Kreislaufwirtschaft, wie im IGF-Vorhaben Rohstoffklassifizierung oder im WIR-Vorhaben TRICYCLE. Außerdem unser Netzwerk re4tex, ebenso wie die zunehmende Digitalisierung im Sinne Industrie 4.0 und die seit Jahren fordernden Projekte zur Material- und Energieeffizienz durch Textilmaschinenentwicklungen. Auch die Etablierung neuer Geschäftsmodelle und die europäische Vernetzung, wie im Projekt BIONANOPOLYS, möchte ich noch erwähnen.

textile network: Frau Dr. Illing-Günther, vielen Dank für das interessante Gespräch!

Das STFI ist seit seiner Gründung 1992 Innovationspartner und Dienstleister im Auftrag seiner Kunden. Textile Werkstoffe haben die Arbeit seither geprägt. Zunächst erschloss man mit dem Gebiet der Vliesstoffe ein wachsendes Feld. Die Gründung des Kompetenzzentrums Vliesstoffe und der Aufbau des Spinnvliestechnikums auf Basis der Spinnvlies- und Aquajet-Patente stellten Meilensteine in der Historie des Instituts dar. Auch das Potenzial des Recyclings wurde früh erkannt. Gleichwohl wuchsen die Bereiche Technische Textilien und Funktionalisierung kontinuierlich.

Durch das vom STFI koordinierte Zwanzig20-Vorhaben „futureTEX – Die Textilindustrie als Zukunftsmodell für Traditionsbranchen“ wurde der Grundstein für die Themen Digitalisierung und vernetzte Produktion gelegt. Das zunächst als Nischenprojekt gestartete Carbonrecycling mündete in der Gründung des Zentrums für Textilen Leichtbau und führte Aspekte der Vliesstoffe- und Recyclingforschung mit dem Gebiet des Leichtbaus erfolgreich zusammen.

Perspektivisch geht das STFI den Weg konsequent weiter und etabliert im nächsten Schritt das Zentrum für Nachhaltigkeit. Mit langjähriger Erfahrung und Kompetenz wartet das STFI darüber hinaus in Prüfung und Zertifizierung Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und der Zertifizierung von Geokunststoffen auf.