24.01.23 – Tarifrunde 2023
Forderung nach höherem Tarif realitätsfern
Die IG Metall fordert eine Tariferhöhung von 8 % – die höchste Forderung für die westdeutsche Textil- und Modeindustrie in diesem Jahrtausend – trotz anhaltender Krisen.
Markus Simon, Verhandlungsführer der Arbeitgeber: „Obwohl die IG Metall eine Umfrage veröffentlicht hat, in der 35 % der Beschäftigten von einer schlechten bis sehr schlechten Situation in ihren Unternehmen berichten, schießt sie mit ihrer Tarifforderung über jedes Ziel hinaus. Wie sollen Unternehmen 8 % mehr zahlen, wenn die meisten noch nicht einmal das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht haben, Energie- und Rohstoffkosten auf Rekordniveau, die Geschäftserwartungen niedrig und die Inflationsprognosen hoch sind? So werden wir die Krise nicht gemeinsam meistern.“ Die Forschungsinstitute, einschließlich des gewerkschaftsnahen IMK, rechnen mit einer Rezession im laufenden Jahr.
2023 – entscheidendes Jahr für die Industrie
Die deutsche Textil- und Modeindustrie erwartet ein Schicksalsjahr, in dem sich entscheiden wird, ob werthaltige, hoch qualitative Textilien im Wettbewerb mit globaler Billigware noch eine Chance bei den Verbrauchern haben. Laut Branchenstudien steht der europäischen Mode angesichts der hohen Inflation ein schweres Jahr 2023 bevor. Die Auswirkungen der hohen Energiepreise und der Rekord-Inflation werden erst im laufenden Jahr ihre volle Wucht entfalten mit der Folge, dass auch in Deutschland die meisten Verbraucher bei ihren Ausgaben für Mode sparen wollen. Ein Tiefschlag, nachdem die Umsätze für werthaltige deutsche Mode in den Corona-Lockdowns zeitweise um mehr als die Hälfte eingebrochen waren und die Branche gerade begonnen hatte, sich langsam wieder zu erholen.
Hersteller technischer Textilien in großer Sorge
Noch tiefgreifender ist die Sorge bei den Herstellern von Spezial- und technischen Textilien. Auch hier sind die Umsätze in den zurückliegenden Jahren massiv eingebrochen. Die Preisexplosionen für Energie und Rohstoffe haben jede wirtschaftliche Erholung ausgebremst und die inländische Produktion im vergangenen Jahr deutlich schrumpfen lassen. Dazu kommen immer mehr gesetzliche Auflagen und Bürokratie, die die Unternehmen fesseln und zusätzliche Kostentreiber sind. Die Eigenkapitalreserven der zumeist mittelständischen, oft familiengeführten Unternehmen sind aufgebraucht; die Möglichkeiten, Preissteigerungen am Markt weitergeben zu können, ausgeschöpft. Die Weltmarktführerschaft Deutschlands bei technischen Textilien steht auf dem Spiel. Es droht eine Verlagerung von Produktion aus Deutschland mit irreversiblem Folgen für Lieferketten und Beschäftigte.