14.06.23 – EU-Lieferkettenrichtlinie

Gut gemeint, aber nicht gut gemacht

Der Anfang Juni vom Plenum angenommene Bericht der Abgeordneten Lara Wolters ist ein Dokument der Praxisferne, das die Realität der krisengeschüttelten europäischen Industrie verkennt. Zu diesem Schluss kommt der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie.

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textil+mode-Hauptgeschäftsführer Uwe Mazura: „Europas Unternehmen brauchen endlich bessere Rahmenbedingungen, mehr Vertrauen und weniger Bürokratie, um Beschäftigung und Wohlstand nachhaltig zu sichern. Die EU-Lieferkettenrichtlinie in der jetzt vom EU-Parlament beschlossenen Form schadet diesem Ziel.“ © photothek

 

Der Gesamtverband spricht für rund 1.400 Unternehmen mit über 120.000 Beschäftigten in Deutschland. „Viele Unternehmen, die bereits heute ums Überleben kämpfen, werden mit neuen bürokratischen Vorschriften belastet und für Handlungen auch in Teilen der Wertschöpfungskette haftbar gemacht, die jenseits ihres Einflussbereichs liegen. Die Textil- und Modeindustrie wird zwar anders als in den ersten Entwürfen nicht mehr als Hochrisikosektor gebrandmarkt; stattdessen wird jetzt die gesamte Industrie vom Parlament unter Generalverdacht gestellt.“, so Dr. Uwe Mazura, textil+mode-Hauptgeschäftsführer.

Sollte die Richtlinie so in Kraft treten, werden viele Unternehmen ihre Einkaufspolitik an die neuen Vorgaben anpassen und versuchen, ihr Haftungsrisiko zu reduzieren. Dabei werden sie von weniger und größeren Zulieferern aus weniger und größeren Ländern importieren. Kleine und mittlere Unternehmen in ärmeren Entwicklungsländern sind dadurch die Verlierer der EU-Lieferkettenrichtlinie.

In einem weiteren Schritt isoliert sich die Europäische Union mit dem jetzt vom Europäischen Parlament angenommenen Bericht von den Weltmärkten. Während die Konkurrenten der EU ihre Wirtschaft mit einer Reihe neuer Freihandelsabkommen unterstützen, manövriert die Europäische Kommission den Standort Europa mit Nachforderungen beim Mercosur-Abkommen, dem noch nicht einmal mit den wichtigsten Handelspartnern abgestimmten CO2-Grenzausgleichsmechanismus, einer realitätsfremden Chemikalienpolitik und neuen Vorgaben zur Taxonomie ins Abseits.

Die amtierende schwedische Ratspräsidentschaft hat diese Dynamik erkannt und endlich einen lang überfälligen Impuls mit einem Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit gegeben. Dieser Ansatz muss mit Nachdruck weiterverfolgt werden.