13.08.19 – Sommerinterview – mit Olaf Schmidt, Messe Frankfurt — read English version

Techtextil/Texprocess: Vor der Messe ist nach der Messe

Noch läuft die Auswertung der Erfolgsstory 2019, da nimmt das sechste Doppel Techtextil/Texprocess für das Jahr 2021 bereits Konturen an.

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Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies der Messe Frankfurt im Sommerinterview mit textile network. © Messe Frankfurt

 

Nicht nur von einer neuen Halle ist die Rede. textile network sprach mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies der Messe Frankfurt über die aktuellen Überlegungen für 2021. textile network: Techtextil und Texprocess fanden zum fünften Mal parallel statt. Was ist Ihr Fazit?

Olaf Schmidt: Das Messe-Doppel bestach vor allem durch drei Aspekte: viele Top-Entscheider, große Internationalität und eine so hohe Zufriedenheit unter den Ausstellern wie noch nie. Die Textil- und Bekleidungsindustrie hat sich dabei von ihrer progressivsten Seite gezeigt und damit die Stimmung der Branche in herausfordernden Zeiten beflügelt.

textile network: Das Konzept, mit beiden Messen die gesamte Wertschöpfung abzubilden, ist also aufgegangen?

Olaf Schmidt: Mit insgesamt 1.818 Ausstellern aus 59 Ländern und insgesamt rund 47.000 Fachbesuchern aus 116 Ländern hatten wir im Mai die bislang größten Ausgaben der Techtextil und Texprocess in Frankfurt. Wir haben erneut bewiesen, dass beide die international führenden Plattformen für Anwender technischer Textilien aus den verschiedensten Industriebranchen sowie Hersteller von Bekleidung, Mode, Polstermöbeln und Lederprodukten sind. Europaweit sind technische Textilien einer der stärksten Sektoren der Textil- und Bekleidungsindustrie. Die Texprocess mit ihren hochinnovativen Ausstellern steht für Hightech in der Textilverarbeitung, wie man sie sonst nirgends so geballt sieht. Gerade diese Verbindung macht das Messe-Duo in seiner Form einzigartig.

textile network: Konnten die insgesamt fünf präsentierten Microfactories Ihrer Meinung nach nachhaltige Impulse setzen?

Olaf Schmidt: Die Texprocess stand im Zeichen digitaler Lösungen für die Branche – von voll vernetzten Produktionsstraßen in Form von Microfactories über selbstlernende Maschinen bis hin zur Cloud-basierten Zusammenarbeit von Designern, Produktentwicklern, Herstellern und dem Handel über Ländergrenzen hinweg. Die Digitalisierung und Vernetzung in der Branche hat noch einmal an Fahrt aufgenommen. Mit den Microfactories wurde ein Eindruck vermittelt, wie integrierte Textilverarbeitung funktioniert und wo deren Mehrwert für Verarbeiter und Kunden liegt. Das Besondere: Nicht nur die Verarbeitung von Bekleidung, sondern auch von technischen Textilien und Leder standen im Fokus.

textile network: Aussteller aus China oder den USA waren aber doch nicht so stark vertreten?

Olaf Schmidt: Ganz klar präsentieren sich in Frankfurt Aussteller aus der ganzen Welt. Europa war stark vertreten. Auf beiden Messen hatten wir insgesamt 42 Aussteller aus den USA und 139 aus China. China liegt damit auf Platz 3 der Ausstellerländer bei beiden Messen, USA auf Platz 12 bei der Techtextil und Platz 10 bei der Texprocess. Nicht zu vergessen ist, dass wir mit der Techtextil North America und der Texprocess Americas sowie der Cinte Techtextil in beiden Ländern Ableger beider Messen haben.

textile network: Im Vergleich zur letzten Sonderschau 2017 war das Areal Urban Living auf Ebene 4.2 nicht so stark frequentiert.

Olaf Schmidt: Mit dem Foyer in der Halle 4.2 stand uns eine attraktive und lichtdurchflutete Fläche für das Special Event „Urban Living – City of the Future“ zur Verfügung. Das Sonderareal unterschied sich deutlich von dem der letzten Ausgabe. Wir haben mit Creative Holland, dem Stijlinstitut Amsterdam und dem Architekturbüro Refunc bewusst Partner aus dem niederländischen Kreativumfeld ins Boot geholt. Dadurch haben wir das Thema technische Textilien im urbanen Umfeld von einer designorientierten Perspektive beleuchtet. Das war für den einen oder anderen Besucher vielleicht noch ungewohnt, zog aber, so die Rückmeldungen an uns, noch einmal ein ganz neues und anwendungsorientiertes Publikum an. In diese Richtung möchten wir uns auch zukünftig bewegen.

textile network: Wird es 2021 wieder eine Modenschau geben?

Olaf Schmidt: Die Innovative Apparel Show, mit der wir auf den beiden vergangenen Ausgaben beider Messen gemeinsam mit Modehochschulen innovative Mode aus technischen Textilien und deren Verarbeitung präsentiert haben, kam bei den Fachbesuchern beider Messen sehr gut an. Zum genauen Konzept der Messen 2021 können wir zum aktuellen Zeitpunkt noch keine konkreten Angaben machen. Wichtig ist uns aber in jedem Fall, beim Messe-Duo kontinuierlich die Brücke zu schlagen zwischen dem Material, dessen kreativer und funktioneller Anwendung sowie der entsprechenden Verarbeitung.

textile network: Welche neuen Trends machen Sie rund um Textil und technische Textilien aus?

Olaf Schmidt: Wir sind der global führende Anbieter von Messen entlang der gesamten textilen Wertschöpfungskette, also vom Faden bis zum konfektionierten Produkt einschließlich sämtlicher Technologien zur Herstellung und Verarbeitung. Unser Texpertise Network mit seinen Veranstaltungen in Afrika über Argentinien, China und Indien bis nach Russland und den USA wurde im vergangenen Jahr von über 22.000 Ausstellern und mehr als einer halben Million Fachbesucher frequentiert. Ein entscheidender Trend, der Marktpotenziale eröffnet, ist sicherlich das Thema Nachhaltigkeit, vor allem in Kombination mit Funktion. Mit „Sustainability at Techtextil and Texprocess“ haben wir Nachhaltigkeitsansätze unserer Aussteller explizit auf die Agenda gesetzt – mit Erfolg. Nachhaltigkeit und Innovation hängen unserer Meinung nach eng miteinander zusammen. Dieses Thema bauen wir daher kontinuierlich aus und verzahnen Inhalte unserer Textilmessen wie der Heimtextil oder unserem nachhaltigen Modeevent Neonyt zur Berlin Fashion Week noch stärker. In dem Zusammenhang setzen wir auch das Thema Technologie noch stärker auf die Agenda. Gerade digitale Lösungen gewinnen zunehmend an Bedeutung und ermöglichen gleichzeitig eine nachhaltigere Produktion und Verarbeitung. Hier sehen wir zukünftig großes Potenzial. Herr Schmidt, vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen für textile network stellte Hans-Werner Oertel.