13.12.22 – Kreislaufwirtschaft

Neue Recycling-Textilien bestehen Praxistest

In dem Vorhaben „DiTex“ wurden recyclingfähige Bettwäsche und Berufsbekleidung entwickelt. Die Produktdesigns stehen jetzt öffentlich zur Verfügung.

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Das Forschungsprojekt „DiTex“ sieht hohes Potenzial für eine Textilwende bei gewerblichen Textilien. © Monster/stock.adobe.com

 

Forschung und Textilindustrie erprobten gemeinsam in dem Vorhaben „DiTex“ den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft am Beispiel von gewerblichen Textilien: Die eigens entwickelten kreislauffähigen Poloshirts, Businesshemden und Bettwäsche wurden in einem Mietwäschesystem von Rettungskräften und von der Polizei getestet und bewertet – danach wurden die Stoffe recycelt. Fazit nach drei Jahren Forschung und Entwicklung: Prüfung bestanden.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Vorhaben hat mehrere Ansätze zur Förderung einer textilen Kreislaufwirtschaft zusammengebracht: eine ökologisch optimierte und recyclingfähige Auswahl von Fasern und Materialien, eine verlängerte Nutzungsdauer durch eine Vermietung von robusten länger nutzbaren Textilien, das digitale Tracking sowie das Faserrecycling der Textilien. Das Projekt unter Leitung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) wurde gemeinsam mit dem Hohenstein Institut für Textilinnovation, dem Texoversum – Fakultät Textil der Hochschule Reutlingen und dem ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg als wissenschaftliche Partner sowie den produzierenden Unternehmen Dibella und Wilhelm Weishäupl und Circular.Fashion aus der Innovationstechnologie durchgeführt.

Zirkuläre Produktdesigns in Praxistests erprobt

Projektleiter Frieder Rubik vom IÖW resümiert nach mehr als drei Jahren Forschung: „Die DiTex-Textilien wurden kreislauffähig designt und konnten auch recycelt werden. Das ist ein wichtiger Baustein für eine zirkuläre Textilwirtschaft. Aber unser Projekt zeigt auch: Recycling ist nicht die einzige Lösung für die Umweltprobleme der Textilbranche. Eine Kreislaufwirtschaft umfasst verschiedene Strategien für mehr Ressourceneffizienz – bei Produkten, aber auch bei Geschäftsmodellen.“

Sven Gärtner vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) ergänzt, dass sich beispielsweise alleine durch die Verwendung von Fasern aus Polyester anstelle von Baumwolle mehr als 90 % der Umweltwirkungen beim Wasser- und Flächenfußabdruck einsparen lassen würden. „Wird Lyocell statt Baumwolle verwendet, liegen die Einsparungen beim Wasserfußabdruck in ähnlicher Höhe, während beim Flächenfußabdruck immerhin noch etwa 70 % der Umweltwirkungen eingespart werden können.”

Das Forschungsteam erprobte zirkuläre Strategien vom Design über die Nutzung bis hin zum Recycling und setzte hierbei auf Qualitätsprüfungen und Bewertungen der Nutzer. „Die Materialien zeigen Potenzial für den Leasingbereich und die drei Produktdesigns für zirkuläre, gewerbliche Textilien können nun von Herstellern und Textilservices genutzt und weiterentwickelt werden“, so Kim Hecht vom Hohenstein Institut für Textilinnovation, die in dem Projekt an der Definition von Qualitätsstandards gearbeitet hat.

Um zirkuläre Textilien zu etablieren, muss die Kreislauffähigkeit von Beginn an mitgedacht werden, erklärt Guido Reinhardt vom ifeu: „Design for Circularity bedeutet, dass Recyclingfasern eingesetzt werden, Baumwolle durch ressourcenschonendere Materialien wie Lyocell oder Recycling-Polyester ersetzt wird und die Produkte langlebig und reparaturfähig entwickelt werden. Voraussetzung für einen geschlossenen Kreislauf ist, dass die Textilien am Ende tatsächlich recycelt werden.“

Textilservice ist Schlüsselakteur für Kreislaufwirtschaft

Bei gewerblichen Textilien kann eine Wende zu nachhaltigeren, zirkulären Textilien leichter erreicht werden als bei privaten Textilien. Das liegt vor allem an den großen Abnahmemengen. Martina Gerbig von der Hochschule Reutlingen betont, dass gewerbliche Großverbraucher wie auch öffentliche Beschaffungsstellen ihre Nachfragemacht auf dem Markt nutzen sollten und etwa Recyclingfähigkeit und Recycling als Vorgaben in ihren Ausschreibungen integrieren können.

Wichtig ist, dass Akteure in der gesamten textilen Kette an einem Strang ziehen, betonen die Forschenden: von Herstellern und Textilservice, über Behörden, gewerbliche wie öffentliche Beschaffungsstellen und Nutzern bis hin zu Recyclingunternehmen. Zwingend ist auch, dass ein kontinuierlicher und standardisierter Daten- und Informationsfluss herrscht, von Herstellern über die Nutzer bis hin zum Recycling. Dafür wurde in den DiTex-Textilien die „circularity.ID“ als ein digitaler Produktpass eingesetzt. Die Voraussetzungen für eine Textilwende sind bei gewerblichen Textilien besonders günstig. Ein Schlüsselakteur für die Kreislaufwirtschaft ist der Textilservice: Denn für ihn sind eine zirkuläre Logistik, das Vermieten großer Mengen Textilien mit bekannter Zusammensetzung und eine Ausrichtung auf eine hohe Lebensdauer Teil des Geschäftsmodells.

Textilbranche soll mehr experimentieren

Das Forschungsteam fordert die Textilbranche zu gemeinsamem Engagement und Experimentierfreude auf: „Die Veränderung der textilen Kette ist ein Gemeinschaftswerk der Marktakteure und der gewerblichen und öffentlichen Beschaffungsstellen. Sie brauchen klare und verlässliche Rahmenbedingungen und Signale, um ihre Kreativität und Innovationskraft entfalten zu können. Es ist notwendig, Innovationen zu unterstützen und eine Transformation der Textilwirtschaft durch Förder- und Innovationsprogramme zu begleiten“, so Frieder Rubik vom IÖW. Mit gutem Beispiel voran geht der Praxispartner Dibella: „Wir haben aus dem Vorhaben wichtige Impulse bekommen und mit der Serienproduktion der Bettwäsche begonnen“, erklärt Martijn Witteveen von Dibella.

  • Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für Akteure der Textilwirtschaft hat das Projektteam in zehn Fact Sheets aufbereitet.