06.08.21 – Selbstheilung mithilfe von Biokeramik — read English version

Implantat für defekte Knochen

Forscher untersuchen in einem Projekt den Einsatz von 3D-Scaffolds auf Basis keramischer Hohlfilamente als Füll- und Aufbausubstanz für Knochendefekte.

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kemafilierte Hohlfilamente © STFI

 
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Querschnitt eines kemafilierten Hohlfilamentenbündels © STFI

 

In den letzten Jahren hat ein Wandel in der Biomedizin eingesetzt: Anstelle von klassischen, nicht degradablen und damit dauerhaften Implantatwerkstoffen werden zunehmend bioresorbierbare Materialien verwendet, welche eine Defektregeneration ermöglichen und den Körper bei der Selbstheilung unterstützen.

Im Falle von Knochendefekten sind Calciumphosphat-Biokeramiken vorteilhaft, da diese in ihrer chemischen Zusammensetzung der Mineralphase der Knochenmatrix – Hydroxylapatit (HAP) – nahe kommen. Da Knochengewebe hochgradig anisotrop strukturiert ist, konzentriert sich die Forschung auf die Entwicklung anisotroper Knochenersatzelemente.

Im Fokus stehen variabel dimensionierbare Implantate mit Porenstrukturen, die nicht nur ein Einwachsen von Zellen und Gewebe erlauben, sondern auch die Erschließung durch Blutkapillaren. Solch ein Implantat soll in diesem Forschungsvorhaben mittels textiltechnischer Verfahren entwickelt werden.

Die kanalartigen Poren werden über Hohlfasern, die in einem Spinnprozess mit Zusätzen von HAP- und/oder β-Tricalciumphosphatpulver erzeugt werden, hergestellt. Untersucht wird dabei die Eignung von Polymerspinnverfahren zur Gewinnung textilähnlich verarbeitbarer, stabiler Hohlkörper in Faserform aus Cellulose und HAP und/oder β-Tricalciumphosphat.

Die makroskopische Strukturierung und Anordnung der keramischen Hohlfasern im Grünzustand erfolgt mittels Orientierung, Ummantelung und Bündelung mit Kompaktfasern. Hierbei wird das Kemafil-Verfahren genutzt. So werden die Hohlfasern zu ideal dichtesten Packungen zusammengefasst und die Längs- und Querfestigkeit entscheidend verbessert, ohne die Poren zu verschließen.

Anschließend erfolgt eine Infiltration des Faserverbundes zum Auffüllen der Faserzwischenräume, gefolgt durch einen speziellen Trocknungs-, Entbinderungs- und Sinterprozess.

Im Entbinderungsprozess verbrennen das polymere Mantelgarn und der Cellulosebestandteil der Fasern vollständig und rückstandsfrei.

Der Sinterprozess dient der Verfestigung der Formkörper zu einem mechanisch stabilen und bearbeitbaren Knochenersatzmaterial mit gleichzeitig ausgezeichneter Biokompatibilität.

Nach erfolgreicher biologischer Charakterisierung und Optimierung der fertig kompaktierten Calciumphosphat-Biokeramiken und der Testung ihrer Biokompatibilität, wären die Implantate für den in vivo-Einsatz anwendungsbereit. Dieses mittels Textiltechnik hergestellte Implantat kann zur Füllung eines großen Knochendefektes eingesetzt werden und wird mit der Zeit vom Organismus in körpereigenes Material umgebaut.

  • Das Team des vom IGF geförderten Forschungsvorhaben „Entwicklung von Calciumphosphat-Biokeramiken mit anisotropem Porengefüge für das Tissue Engineering unter Einsatz von keramischen Hohlfilamenten“ setzt sich auf Wissenschaftlern der TU Bergakademie Freiberg, dem Sächsischen Textilforschungsinstitut e.V., dem Thüringischen Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung e.V. und der Technischen Universität Dresden zusammen.