02.03.21 – Mobilitätswende, Teil 1 — read English version

Wohin kann die Reise gehen? Ein Überblick

Adidas macht mit, Hugo Boss ist vorbereitet und Raffaello Rossi ist mit an Bord, wenn es um Elektromobilität geht. Ein Beitrag von Yvonne Heinen.

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Künstlerin und Model Jazzelle Zanaughtti startet die neue „How to“-Fashion-Story von Mercedes-Benz mit einem interaktiven Event in Oslo. Das Konzept, das auf die Zusammenarbeit mit jungen Talenten setzt, geht Hand in Hand mit der Entwicklung von Mercedes-Benz von einem reinen Automobilunternehmen zu einem Anbieter vielschichtiger Mobilitätslösungen. © Daimler AG

 
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Boxenstopp bei der Damenbekleidungsfirma Schera: „Das Thema Nachhaltigkeit liegt uns sehr am Herzen“, sagt Tobias Schellenberger. „Beim Produkt, wie bei unserer nachhaltigen Jeans-Kollektion, und bei der Infrastruktur am Hauptsitz von Raffaelo Rossi inklusive Unterstützung der E-Mobilität.“ © Yvonne Heinen-Foudeh

 
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Alle drei Fashion-/Active-Sportswear-Marken stellen Ladestationen für E-Fahrzeuge zur Verfügung – zumindest an ihren Firmensitzen – und zwar für Mitarbeiter für Kunden und Lieferanten. „Im Zweifelsfall auch für gestrandete Gäste“, ergänzt David Schellenberger, Juniorchef des Spezialisten für Premium-Damenhosen mit kompletter Kollektion – der Schera GmbH, selbst begeisterter Fahrer eines Tesla Model 3.

  • Die Mobilitätsrevolution steht vor der Tür und elektrifizierte Antriebstechnologien spielen auch im Individualverkehr eine entscheidende Rolle. Wo stehen wir aktuell – bzw. wie werden wir in naher Zukunft fahren und wohin kann die Reise gehen? Ein Überblick ...

Einfahrtsbeschränkungen für Innenstädte sind wahrscheinlich – zumindest Pkw mit Dieselmotoren kann es schnell treffen. Die EU-Kommission plant neue Emissionsvorschriften, die im Jahr 2030 zu 50 Prozent weniger CO2-Ausstoß führen sollen. Damit werden ehrgeizige Ziele für die Autohersteller definiert. Pkw verursachen 60,7 Prozent der gesamten CO2-Emissionen des Straßenverkehrs in Europa. Aber machbar: Nach Berechnungen des Center of Automotive Research (CAR) müssen im Jahr 2030 64 Prozent der Neuwagen vollelektrisch sein, um die 50-Prozent-Marke zu erreichen.

Die menschliche Herausforderung des Klimawandels hat Auswirkungen auf die Verkehrspolitik. Mittelfristig zeichnen sich Einfahrbeschränkungen für Verbrennungsautos – zumindest solche mit Dieselmotoren – in unseren Innenstädten ab. Ab 2030 sollen in Kopenhagen, Oslo, Mailand, Rom, Amsterdam, Rotterdam, Utrecht, Den Haag und Barcelona sowie in London, Manchester, Birmingham, Oxford, London, aber auch in Auckland, Kapstadt oder Vancouver keine neuen Autos mit Verbrennungsmotoren mehr auf die Straße gelassen werden. Darüber hinaus haben sich Island, die Niederlande, Irland, Slowenien, Schweden und Dänemark das Ziel gesetzt, Verbrennungsmotoren bis 2030 generell abzuschaffen.

Beschleunigung und Entschleunigung

Eines ist sicher: Wer sich für ein vollelektrisches Auto entscheidet, sollte auf langen Fahrten keinen vollen Terminkalender im Nacken haben. Stattdessen ist Entschleunigung das Gebot der Stunde. So stehen Ende 2020 in Deutschland rund 18.700 Ladestationen mit unterschiedlichen Ladeleistungen zur Verfügung, die geografisch solide verteilt sind; meist auf Parkplätzen, in Parkhäusern, an öffentlichen Straßen zu finden. Smarte Handelsketten wie Ikea oder Lidl machen das Einkaufen noch lohnender. Motto: mehr Kundenbindung durch Autoladestationen. Zeitbedarf für die Vollladung an den Stationen, die meist elf oder 22 kW (AC) Ladeleistung bieten: leicht drei bis fünf Stunden, je nach Größe der Batterie. Gleichstrom (DC)-Schnellladestationen mit 50, 100 oder sogar 150 KW Ladeleistung schaffen eine 80-prozentige Ladung in etwa 30 Minuten (Berechnungsformel = Batteriekapazität ÷ Ladeleistung). Es besteht also die Gefahr, an einer nicht betriebsbereiten Ladestation zu landen. Oder noch schlimmer, der Stellplatz ist mit einem „Verbrenner“ belegt – ein bisschen Glückssache. Bis auf Weiteres.

Denn die Zahl der Ladestationen für E-Autos in Deutschland ist bereits auf rund 21.800 im Zeitraum Januar 2021 angewachsen. In Deutschland stellt zum Beispiel die Bundesnetzagentur ein aktuelles Register mit interaktiver Karte und Adressen zur Verfügung (bundesnetzagentur.de). Nachbarländer wie die Niederlande und Frankreich verfügen bereits über ähnliche Netze von Ladestationen. EU-weit summiert sich die Zahl der öffentlichen Ladestationen aus verschiedenen Quellen auf rund 300.000.

Und warum nicht ein Hybrid?

Die Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor mit einem Hybrid, Plug-in oder gar Mildhybrid (dessen Batterie den Verbrennungsmotor nur beim Beschleunigen unterstützt) spielt in der EU-Zulassungsstatistik kaum eine Rolle. Subventionen gibt es in den meisten Ländern nur für Plug-in-Hybride. Nur diese Teilzeit-Elektrofahrzeuge können eine bestimmte Strecke (zwischen 45 und max. 60 km) rein elektrisch zurücklegen. Allerdings verschlechtert sich beim dualen Antrieb die Effizienz in Bezug auf die Energieeffizienz durch das zusätzliche Batteriegewicht (ab 250 kg) erheblich, was sich auch auf die Ökobilanz des Plug-Ins negativ auswirkt. Aus Sicht des Verbrauchers: Von den von den Herstellern angegebenen Verbrauchswerten wie 1,0 bis 2,5 Liter/100 km bei einer Reichweite vom 141 PS starken Hyundai Plug-in Ioniq bis zum 700 PS starken Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid kann man nur träumen.

Firmenflotten und Fuhrparks profitieren

Als wichtiger Beitrag zu einem klimafreundlicheren Individualverkehr wird die E-Mobilitätsoffensive inzwischen in zahlreichen EU-Ländern durch attraktive Anreize vorangetrieben – durch Förderungen, die nach unterschiedlichen Modellen gewährt werden. Vorreiter ist Deutschland mit einem Spitzenzuschuss von verlockenden 9.000 Euro (je nach Listenpreis des Fahrzeugs werden bis zu 3.000 Euro vom Hersteller zur Verfügung gestellt). Auf dem Berliner Autogipfel im November letzten Jahres haben Bund und Länder eine Reihe von Förderprogrammen verlängert oder erweitert.

In Österreich erhalten Käufer von vollelektrischen Fahrzeugen oder den noch seltenen Brennstoffzellenfahrzeugen bis zu 5.000 Euro, in der Schweiz bis zu 5.000 Franken. Auch die Befreiung von der lästigen Kfz-Steuer gibt es überall und für vollelektrische Fahrzeuge generell. Darüber hinaus kann z. B. in Deutschland die private Nutzung von E-Firmenwagen pauschal mit 1 Prozent des Bruttolistenpreises besteuert werden. Mit einem BLP von 500 Euro pro Jahr mehr in Ihrem Geldbeutel oder dem Ihres Mitarbeiters.

Und auch wenn es noch eine Weile hin ist, merken wir schon: Belgien wird ab 2026 ein Zulassungsverbot speziell für Firmenwagen mit Diesel- oder Benzinmotoren einführen, als Beitrag zur Erreichung des zentralen Ziels der Pariser Klimakonferenz.

Auch ganze Bandbreiten von E-Transportern sind für den Gütertransport am Start, vom 6-8-sitzigen Mercedes EQV 300 mit 1030 l Kofferraumvolumen (Reichweite: 356 km, 205 PS, Verbrauch: 28,1 kWh/100 km), dem Citroën ë-Spacetourer 75M mit 5 Sitzen (Reichweite: 330 km, 126 PS, Verbrauch: 29,5 kWh/100 km) oder dem VW e-Transporter 6. 1 Caravelle (112 PS, 27 kWh/100 km) mit beeindruckenden 6.700 l Kofferraumvolumen, sieben Sitzen, aber nur 138 km Reichweite nach Vollladung.

Höhere Zuschüsse gibt es zur Förderung der Ladeinfrastruktur an Firmensitzen oder privaten Gebäuden in Deutschland, Österreich und der Schweiz durch Zuschüsse auf Bundes-, Landes- oder Kantonsebene für eine Ladestation, die oft als Wallbox in der Garage oder an der Außenwand von Wohnhäusern installiert wird. Eine sinnvolle Voraussetzung: die Nutzung von Ökostrom.

Yvonne Heinen-Foudeh