07.11.23 – Alttextilien recyceln

Prozessoptimierung für 100 % Recycling

Es ist anspruchsvoll, aus Alttextilien hochwertige Garne zu gewinnen und diese zu hochwertigen Produkten zu verarbeiten. Noch gibt es nicht für alle Herausforderungen die passenden technologischen Lösungen.

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Garn und Gestrick aus 100 % recyceltem Aramid. © DITF

 
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Fasern in der Klemme, die in das Messgerät eingelegt wird. © DITF

 

Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) haben zusammen mit dem Sächsischen Textilforschungsinstitut (STFI) eine neue Prüfroutine zur Klassifizierung von Recyclingfasern entwickelt. Mit der Prüfmethode ist es möglich das Recycling von Alttextilien zu optimieren und diese zu 100 % in den Kreislauf zurückzuführen.

Die Faserlänge ist entscheidend

Das mechanische Reißen, bei dem die Alttextilien zerkleinert werden, steht am Beginn des Recyclingprozesses. Bei dieser Prozedur werden die Fasern meist geschädigt – manche geraten zu kurz. Die Faserlänge ist jedoch der wichtigste Parameter für die Weiterverarbeitung der Fasern und für die Qualität des fertigen Garns aus Recyclingfasern.

Optimiertes Recyclingmaterial

Für die optimale Einstellung der Reißmaschinen wurden die Fasern nach dem Reißen klassifiziert. Hierfür entwickelten die Forscher eine neue Routine, die mit einem speziellen Messgerät durchgeführt wurde. Auf Basis der Prüfergebnisse können die Reißparameter besser auf das Material abgestimmt werden. Dadurch werden die Fasern beim Reißprozess weniger eingekürzt, wird eine bestmögliche Faserqualität gewonnen und qualitativ höherwertige Garne hergestellt können gewonnen werden. Zudem dienen die ermittelten Kennwerte dazu, das geeignete Recyclingprodukt für die Ausspinnung und die optimalen Einstellungen und Spinnmittel für den Spinnprozess zu finden.

100% Rezyklatanteil

Die recycelten Materialien wurden zu Ring- und Rotorgarn verarbeitet, wobei sich das Ringgarn am besten mit dem Kompaktspinnverfahren herstellen ließ. Bei diesem Verfahren werden die kurzen Recyclingfasern besser eingebunden, wodurch das Garn an Festigkeit gewinnt.

Den Forschern gelang es so, Garne aus 100 % recycelten Aramidfasern herzustellen, die anschließend zu Gestricken weiterverarbeitet wurden. Auch Baumwollfasern wurden in Mischung von 80 % Gutfasern und 20 % Recyklat versponnen. Der Recyklatanteil bei Baumwolle konnte nach Projektabschluss sogar auf bis zu 70 % erhöht werden.

Schlüsselfaktoren Anwendungszweck und Ausgangsmaterial

Häufig herrscht in der Textilbranche Skepsis, ob geschlossene Kreisläufe (cradle to cradle) möglich sind. Die Forschungsarbeit von DITF und STFI zeigt, dass recyceltes material zu 100%wieder verarbeitet werden kann. Entscheiden ist hier besonders der produktorientierte Einsatz: Nicht jedes Garn aus recycelten Fasern passt für jede Anwendung. Denn durch den Reißprozess kommt es zu Qualitätseinbußen der Fasern – beispielsweise bei der Garnfestigkeit. Auch die Qualität des Ausgangsmaterials spielt eine entscheidende Rolle für die Qualität des recycelten Garns. Besteht das Alttextil aus vielen unterschiedlichen Materialien, müssen diese erst getrennt werden. Das Fazit des wissenschaftlichen Mitarbeiters Markus Baumann lautet daher: „Die Recyclingquote ist ein wichtiges Kaufkriterium, aber man muss die Qualität des Produkts und die Anwendung im Blick behalten.“