12.04.22 – Qualitätssicherung

Inline-Überprüfung von Textilschweißnähten

Im Rahmen eines Projektes des Forschungskuratoriums Textil e.V. wurde an der Entwicklung eines prozessintegrierten Inline-Verfahrens zur kontinuierlichen Ultraschallprüfung geforscht, das die Inspektion und Bewertung geschweißter Fügeverbindungen aus textilbasierten Materialien in Echtzeit ermöglicht.

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Konzept zur Integration von mehreren Ultraschall-Sensorpaaren in die Schweißzone für die Inline-Inspektion von Schweißnähten während des kontinuierlichen Ultraschallschweißprozesses. © ITM

 
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Schweißnähte mit „künstlichen“ Fehlstellen verschiedener Größe. Oben: lichtmikroskopischer Nahtquerschnitt. Unten: C-Scan der Fehlstelle. © ITM / IKTS

 
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Das Ultraschallschweißen ist ein sicheres, universelles und weit verbreitetes thermisches Fügeverfahren zur kontinuierlichen Verarbeitung von Technischen Textilien. Das Ziel des IGF-Projektes 20555 BR war es, ein prozessintegriertes Inline-Verfahren zur kontinuierlichen Ultraschallprüfung zu entwickeln, das die Inspektion und Bewertung geschweißter Fügeverbindungen aus textilbasierten Materialien in Echtzeit, vorzugsweise am Beispiel des kontinuierlichen Ultraschallschweißverfahrens, ermöglicht.

Motivation und Vorgehen

Bei sicherheitsrelevanten Produkten werden die wichtigen Prozessparameter, z. B. Schweißdruck und Energieeintrag, protokolliert. Rückschlüsse auf die tatsächlich erzielte Qualität der Verbindungszone, die z. B. für die Mediendichtheit sowie die Festigkeit der Schweißnähte relevant ist, sind jedoch nicht möglich. Der Zusammenhang zwischen den Prozessparametern des Schweißens und den Nahteigenschaften kann bislang nur auf Basis zerstörender Laborprüfungen ermittelt werden, was mit einem erheblichen personellen und kostenseitigen Aufwand verbunden ist. Bei der Ermittlung des Qualitätswertes wird in der Praxis derzeit noch auf Erfahrungswissen und aufwändige experimentelle Vorversuche zurückgegriffen. Weiterhin ist über die Qualitätsparameter beschreibenden physikalischen Größen sowie Möglichkeiten zur Inline-Messung der für die Nahtqualität relevanten Größen wenig bekannt.

Für die Qualitätssicherung und -kontrolle von Textilschweißnähten in sicherheitsrelevanten Einsatzbereichen besteht somit der Wunsch, neben den Prozessparametern auch die Integrität der Naht zu protokollieren, um daraus Kenntnisse über die Nahteigenschaften abzuleiten und eine höhere Sicherheit auf dem die Firmenexistenz beeinflussenden Gebiet der Produkthaftung zu erreichen.

Ergebnisse und Anwendungen

Es wurden anwendungsnahe Grundlagen zur zerstörungsfreien Inspektion von Textilschweißnähten mit luftgekoppelten Ultraschall (US) im Transmissionsverfahren während des kontinuierlichen US-Schweißprozesses geschaffen. An repräsentativen Textilmaterialien (Sicherheits-, Bautextilien) wurden umfangreiche Schweißexperimente durchgeführt. Nach grundlegender Betrachtung und Analyse der Nahtfehler im Zusammenhang mit Prozesseinstellungen und Nahteigenschaften erfolgte eine Systematisierung der Fehler und Unregelmäßigkeiten in Anlehnung zu bestehenden Normen (Kunststoff-, Metallschweißen). Häufigste Schweißnahtfehler sind luftgefüllte, in der Fügegrenzfläche eingeschlossene Hohlräume, die in erster Linie die Dichtheitswirkung reduzieren sowie lokale Nahtunterbrechungen. Die Ursachen sind sowohl material- als auch schweißprozessbedingt sowie auch auf vorangegangene textile Prozessstufen rückführbar.

Anhand von Nahtproben mit künstlichen und realen Schweißnahtfehlern werden systematische Versuche mit luftgekoppelten US unter Variation der Messparameter, z. B. Fokuslänge, Prüffrequenz der Prüfköpfe, durchgeführt. Zur besseren Detektion der Unregelmäßigkeiten im US-Scan werden Modellierungen zur Ausbreitung des Ultraschalls in der Schweißnaht durchgeführt und Auswertungsalgorithmen zur Interpretation der US-Scans entwickelt. Derzeit sind Fehler bis zu einer lateralen Größe von 3 mm signifikant detektierbar. Zur Verbesserung der Nachweisempfindlichkeit sind weitere Hardwareanpassungen nötig.

Final wurde ein Konzept zur Integration der Inline-Inspektion der Schweißnähte in den kontinuierlichen Ultraschallschweißprozess entwickelt und bei einer Prozessgeschwindigkeit von 2 m/min getestet. Zur Verbesserung der Nachweisempfindlichkeit sind weitere Anpassungen der US-Prüfköpfe nötig.

Die Projektergebnisse tragen zur nachhaltigen Verbesserung der Zuverlässigkeit und Sicherheit sicherheitsrelevanter Konfektionsprodukte bei. Das Wissen zur Fehlermorphologie in Kausalität zu Nahteigenschaften, Prozess und akustischen Eigenschaften bildet eine Basis für notwendige Normungsaktivitäten für Textilschweißnähte.

Die Verknüpfung der Technologien des kontinuierlichen Ultraschallschweißens und der Ultraschallprüfung wird die Zuverlässigkeit der stoffschlüssig gefügten Konfektionsprodukte (Airbag, Kontaminationsschutzanzüge) erhöhen. Der Ultraschallschweißprozess mit Inline-Inspektion der Schweißnahtqualität in Textilien wird bisherige Markteintrittsbarrieren für KMU in sicherheitsrelevanten Anwendungsbereichen reduzieren und den Zugang von Hightech-Textilien für neue Anwendungsfelder mit hoher wirtschaftlicher Relevanz zukünftig ermöglichen.

Das IGF-Vorhaben 20555 BR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Autoren: Yordan Kyosev (ITM, TU Dresden), Kathrin Pietsch (ITM, TU Dresden), Thomas Herzog (Fraunhofer IKTS), Susan Walther (Fraunhofer IKTS)