07.02.22 – Lieferkette

Kommt eine europäische Regelung zur Lieferkette?

Eine dreitätige Online-Konferenz von textil+mode behandelte das kommende Lieferkettengesetz sowie weitere Nachhaltigkeitsthemen rund um die Lieferkette.

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Das Fazit zur dreitätigen Online-Konferenz: Ja zu Nachhaltigkeit entlang der Lieferketten, Nein zu immer neuen Bürokratie-Tsunamis! © Destina/stock.adobe.com

 

Für die Unternehmen der deutschen Textil- und Modeindustrie ist die Nachhaltigkeit entlang ihrer Lieferketten ein immer wichtigeres Thema. Das machte eine dreitägige Online-Konferenz deutlich, zu der der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie und seine Mitgliedsorganisationen eingeladen hatten. Mit rund 500 Anmeldungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, war es die bislang größte Veranstaltung der Textil- und Modebranche, die sich schwerpunktmäßig mit dem ab nächsten Jahr geltenden Lieferkettengesetz und weiteren wichtigen Nachhaltigkeitsanforderungen in den textilen Lieferketten beschäftigt hat.

Nachhaltigkeit Ja, Bürokratie-Tsunamis Nein

Die Präsidentin des Gesamtverbandes textil+mode, Ingeborg Neumann, wies in ihrer Key-Note auf die Bedeutung der Nachhaltigkeit besonders für die mittelständische Textil- und Modeindustrie hin: „Wir, als mittelständische Unternehmer, nehmen die Verantwortung entlang unserer Lieferketten wahr. Es ist beeindruckend, mit wie viel Engagement zahlreiche Mitgliedsunternehmen bereits eigene Nachhaltigkeitsstrategien umsetzen und dafür auch völlig neue Wege gehen. Die Transformation unserer Branche in Sachen Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist in vollem Gange!“

Für den Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie, Uwe Mazura, zeigte die Fachkonferenz mit politischen Vertretern aus Brüssel, Berlin, aus Verbänden, Unternehmen und Start-Ups vor allem eins: „Die Nachhaltigkeitsgesetzgebung in Brüssel und Berlin muss vor allem praxistauglich sein. Schon jetzt zeigen die Erfahrungen von Nachhaltigkeitsvorreitern, dass die zunehmenden gesetzlichen Auflagen und Berichtspflichten zeitlich und personell erdrückend sind. Unser Fazit ist deshalb ganz klar: Die deutsche Textil- und Modeindustrie sagt Ja zu mehr Nachhaltigkeit entlang der Lieferketten, aber Nein zu immer neuen Bürokratie-Tsunamis, die Papierberge, aber keine Verbesserungen der Sozial- und Umweltstandards in den Produktionsländern zur Folge haben. Die Lieferkettengesetzgebung muss daher möglichst praxistauglich ausgestaltet und umgesetzt werden!“

Zeit für eine europäische Regelung

Auf großes Interesse stieß die Diskussion mit Vertretern aus dem Europäischen Parlament über die Pläne für eine europäische Lieferkettengesetzgebung. Für Mitte Februar wird mit dem Richtlinien-Entwurf der EU-Kommission gerechnet.

Nach Einschätzung des Europaabgeordneten Axel Voss wird das deutsche Lieferkettengesetz nicht die Blaupause für eine europäische Gesetzgebung sein. Für Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, ist es Zeit, dass es eine europäische Regelung gibt. Dies sei eine Frage der Gleichbehandlung im europäischen Binnenmarkt, sagte Lange.

Handhabbare, praxistaugliche EU-Regeln forderten in der Konferenz auch zahlreiche Unternehmensvertreter ein. Es dürfe nicht zu einem Flickenteppich nationaler Gesetzgebungen kommen, der die Arbeit und die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen erschwere. 40 Prozent ihrer Umsätze machen die Unternehmen der deutschen Textil- und Modeindustrie im Export, vor allem auf dem europäischen Markt.

Einblicke in ihre Nachhaltigkeitsarbeit gaben u. a. der Sportartikelhersteller Adidas, die Wäsche-Marke Mey und die Academy des Outdoor-Spezialisten Vaude. Zusammen mit der Vaude-Academy stellte der Arbeitgeberverband Südwesttextil verschiedene Initiativen vor, in denen es um die Stärkung des Nachhaltigkeitsmanagements durch Mitarbeiterqualifizierung geht.

Wie Anforderungen umsetzen?

Verschiedene Start-ups präsentierten ihre innovativen Ideen zur Umsetzung nachhaltiger Lieferkettenmanagement-Systeme. Um die Umsetzung der neuen Nachhaltigkeitsanforderungen ging es auch im Austausch mit dem Handelsverband Deutschland, HDE, sowie mit dem Verband der Automobilindustrie, VDA. Über den Stand der EU-Taxonomie und des ESG-Ratings informierte der Bundesverband der deutschen Industrie, BDI. Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, BDA, gab außerdem einen Einblick in die Corporate Sustainability Reporting Directive.

Die Anforderungen und der Umsetzungsstand des deutschen Lieferkettengesetzes sowie staatliche Unterstützungsangebote für Unternehmen zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten standen im Fokus der Diskussion mit Referenten aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, BMWK, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, und der Agentur für Wirtschaft & Entwicklung. Auch die CSR-Beratungsgesellschaft des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie berät mittelständische Unternehmen bei der Einrichtung und Stärkung eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements.