04.08.20 – Exklusivumfrage von textile network (TNW) – Startups – Teil 3
Sensomative GmbH (Rothenburg/Schweiz): Markteinführung zeitversetzt
Gesamttendenz: zuversichtlich. Trotz Corona hat textile Drucksensorik „Created in Switzerland“ einen US-Medizintechnikhersteller auf den Plan gerufen.
Die Wirtschaft ist schwer angeschlagen. Noch kaschieren Kurzarbeit und staatliche Unterstützung die wahren Auswirkungen. Was bedeutet das für Startups? Immerhin 30 Prozent der Startup-Gründer plagen laut einer Befragung von Bitkom in jüngster Zeit Existenzängste. In Summe setzt jedoch die Mehrheit (63 Prozent) darauf, gestärkt aus der Krise herauszukommen.
textile network (TNW) wollte wissen, ob dieses Meinungsbild auf textile Startups übertragbar ist, von denen bekanntermaßen nicht wenige auf Industrie-4.0-Fortschritte und digitalen Handel ausgerichtet sind. In unserer neuen Serie kommen rund ein Dutzend Gründer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu Wort.
Teil 3: Sensomative GmbH (Rothenburg/Schweiz)
Eigentlich sollte das Feedbacksystem für Rollstuhlfahrer in diesen Wochen auf den Markt kommen. Pandemiebedingt wurde jedoch der Serienstart des textilsensorischen Nutzwerkprodukts zur Dekubitus-Vermeidung auf das nächste Jahr verlegt. Den Zeitpuffer nutzt das in der Nähe von Luzern ansässige Startup Sensomative jetzt für Modifikationen ihres Drucksensorsystems.
textile network (TNW) befragte Sensomative-Mitbegründer Dr. Roland Zemp (34):
textile network: Hat Ihnen Corona Fahrt aus den Segeln genommen?
Dr. Roland Zemp: Corona hat die Markteinführung von „sensomative wheelchair“ durch die in der Schweiz ansässige Europa-Division des nordamerikanischen Medizintechnikherstellers Invacare zwar gebremst, aber nicht ausgebremst. Das Ganze verzögert sich aus heutiger Sicht um ein halbes Jahr. In dieses für uns wichtige Projekt haben wir viel Zeit und Geld investiert. Trotz der Krise sind wir optimistisch, weil es nicht nur an der Stelle weitergeht. Wir haben die Zeit genutzt für andere Vorhaben und Dienstleistungsanfragen. Das hat Einnahmen gebracht; schlussendlich war die Zeit für uns nicht verloren.
Basis-Innovation: Das Teilzeit-Startup der beiden weiterhin an der ETH Zürich tätigen Gründer Dr. Roland Zemp (Biomechaniker) und Stefan Plüss (Maschineningenieur) erschließt Anwendungswelten für textile Drucksensorik. Integriert in Rollstuhlkissen, Bürostühle, Strümpfe, Schuhe oder Matten, können so Druckmuster des menschlichen Körpers erfasst und via Smartphone-App vor gesundheitsbeeinträchtigenden Folgen gewarnt werden.
Gründungsjahr: 2015
Mitarbeiter: 2 (wie vor Corona)
textile network: Krise als Chance: Denken Sie an die Modifizierung Ihres Geschäftsmodells bzw. hat die Pandemie neue Türen geöffnet?
Dr. Roland Zemp: Wir hatten dadurch jetzt viel Zeit und Gelegenheit, unsere Kerntechnologie zu optimieren und neue Dinge auszuprobieren. Beispiel dafür ist gedruckte Elektronik als mögliche Alternative zu gestickten textilen Leitern. Stickerei hat – je nach Anwendung – gewisse Vor- und Nachteile. Schon vor zwei Jahren etwa haben wir begonnen, entsprechende Alternativtechnologien unter die Lupe zu nehmen. Damit wollen wir unsere Technologie breiter abstützen und so neue Anwendungsmöglichkeiten erschließen.
textile network: Welches Vorhaben/strategische Zusammenarbeit steht unbedingt für dieses Jahr noch auf Ihrem Aktionsplan?
Dr. Roland Zemp: Das Hauptziel bleibt die Markteinführung des oben genannten Feedbacksystems mit dem Ziel, das Produkt Anfang 2021 auf den Markt zu bringen. Auch zeitversetzt durch Corona, hoffen wir nun, dass wir jetzt endlich mit den Prototypen in die Reha-Zentren in der Schweiz, den Niederlanden und Belgien gehen können, um das Produkt mit Rollstuhlfahrern zu testen und dazu auch entsprechendes Feedback aus den Einrichtungen zu bekommen.